Frage:
Einige Gelehrte haben erwähnt, das die Lehren des „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ (Kritik und Lob) allein auf die Zeit der Überlieferer begrenzt waren. Doch jetzt im Jahre 1420 n.H. (2000 n.Ch.) existiere nichts mehr, dass den Namen „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ trägt. Was ist die vernünftige Ansicht diesbezüglich?
Antwort:
„Bei Allah, dies gehört zu den seltsamen Dingen, die einen sowohl zum lachen als auch zum weinen bringen. Wie kann solch ein Gerede geäußert werden in einer Zeit, in der die Neuerung, der Irrglaube, die Laizisten, die Kommunisten, die Rawāfid, die Sufis und die fehlgegangenen Gruppen sich verbreiten, indem der Islam gestoppt wird und den Menschen ihre Zügeln losgelassen werden, sodass sie nun jubeln und umher grasen können und jeder das sagen kann, was er will, ohne dass jemand sagt, dies ist falsch oder dies ist eine Abscheulichkeit. Niemanden gibt es, der dann noch sagt, dies ist ein Unheilstifter und dies ist ein Heilstifter.
Dieses Gerede gehört zum Verlust und zum Nichtvorhandensein an Verständnis über die Religion Allahs des Mächtigen, des Majestätischen. Die Şalaf haben zahlreiche Bücher über die ’Aqīdah verfasst, in der sie die Leute der Neuerung und des Irrwegs kritisiert haben. Darin haben sie die einzelnen Person und Gruppen mit Namen benannt. Heißt das etwa nun, dass auch dies vorbei ist?
Wir sagen folgendes: Die Art und Weise, wie mit den Neuerer damals in der Zeit der Şalaf diskutiert und ihr Fehlgehen offen gelegt wurde, soll heute eingestellt und verboten werden? Ist es denn jetzt verboten geworden, über die Leute der Neuerung, über die Laizisten, über die Ketzer, über die Rawāfid und über die Sufis zu reden? Gepriesen sei Allah! Ist dies etwa neuerdings ein Aufruf zur Vereinigung der Religionen geworden oder wie darf man das verstehen? Wir suchen bei Allah um Vergebung und bereuen vor Ihm. Diese Ansicht ist ein Irrweg. Es ist zwingend erforderlich, dass die Lehren des „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ weiter erhalten bleiben, sodass damit die Religion Allahs und die Şunnah des Propheten bis zum Tage der Auferstehung verteidigt wird. Die Schwerter müssen mehr denn je gezogen werden, um das Wort Allahs – des Segenreichen und Erhabenen – zum Höchsten zu machen und um den Unglauben und die Falschheit zu entkräften.
Die Şalaf haben folgendes gesagt: Das verteidigen der Şunnah ist besser als das kämpfen mit den Schwertern. Die Verteidigung der Şunnah geschieht mit dem „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“.
An dieser Stelle möchte ich euch auf folgendes hinweisen: Al-Ĥākim – möge Allah mit ihm gnädig sein – hat in seinem Buch „Die Erkenntnis über die Lehren des Ĥadīths“ („Ma’rifat ’Ulūm al- Ĥadīth“) gesagt – und das was er sagte sind wahrhaftige Worte: „Die Wissenschaft des „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ besteht aus zwei Lehren: Einmal ist es die Lehre über den „al-Djarĥ“ (die Kritik). Diese Lehre ist unabhängig (von der Lehre des „at-Ta’dīl“). Diese Lehre widerlegt die falsche Methodik (Manhadj) der Gleichwertigkeit. (Das bedeutet, dass gleichermaßen das Schlechte als auch das Gute erwähnt werden müssen.) Die Lehre des „al-Djarĥ“ ist jedoch (von der Lehre des „at-Ta’dīl“) unabhängig. Deshalb haben auch zahlreiche Gelehrte Bücher verfasst, die sich allein mit dem „al-Djarĥ“ befasst haben. Diese Bücher haben sie allein dem „al-Djarĥ“ gewidmet, wie al-Buchārī in seinem Buch „Die schwachen Überlieferer“ („ad-Du’afā`“), an-Naşā`ī in „Die Zurückgewiesenen“ („al-Mattrūkīn“), Ibn Ĥibbān in „Die Kritisierten“ („al-Madjrūĥīn“) und Ibn ’Adiyy in „al-Kāmil fi d-Du’afā`“. Und so auch adh-Dhahabī, Ibn Ĥadjar und andere mehr, die zahlreiche Werke verfassten, die sich allein mit den Lehren des „al-Djarĥ“ befasst haben, da diese Lehre unabhängig ist. Diese Tatsache bricht sowohl der Methodik der Gleichwertigkeit ihren Rückgrat als auch den seiner Anhänger.
Andere Gelehrte wiederum verfassten Bücher, die sich allein mit den vertrauenswürdigen Überlieferern („ath-Thuqāt“) befasst haben, so wie „Die Vertrauenswürdigen“ von al-’Adjalī, und „Die Vertrauenswürdigen“ von Ibn Ĥibbān. Wart ihr in Kenntnis darüber?
Wenn nun die Şalaf daran geglaubt haben, dass der „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ zwei unterschiedliche Lehren darstellt, die voneinander unabhängig sind, wie kann da noch die Methodik der Gleichwertigkeit gefordert werden. Sie haben Bücher verfasst, die sich allein mit den Lehren des „al-Djarĥ“ befasst haben, sodass man darin nicht einen Hauch der Methodik der Gleichwertigkeit finden wird. Ich hoffe, dass dies nun verständlich geworden ist. Möge Allah euch segnen.
Der „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ wird bis zum Tage der Auferstehung erhalten bleiben. Wenn nun die Menschen von einem Gelehrten profitieren wollen, dann sagt man zu ihnen, dass dieser ein ehrenwerter Gelehrter ist, der sich auf den Weg der Şunnah befindet. Dadurch empfiehlt man ihn. Doch wenn es sich um einen Gelehrten handelt, der ein Rāfidī ist, oder ein Sufi, der an die „Einzigkeit der Existenzen“ glaubt, oder ein Laizist oder Kommunist, der sich hinter dem Gewand des Islams versteckt usw., dann ist es deine Pflicht, Klarheit zu schaffen. Dies ist eine Pflicht und zählt zum Djihād. Sie wird weder zu ende gehen noch sich ausschließlich auf die Überlieferer beschränken lassen.
Als at-Tirmidhī im letzten Buch seiner Şunnan-Reihe die Rechtfertigungen dafür erwähnt hat, sagte er: „Diese Menschen haben an die Gelehrten des Ĥadīths den „al-Djarĥ“ kritisiert. Als sie auf die und die Person den„al-Djarĥ“ angewandt haben, wie auf Mu’bad al-Djuhanī und Djābir al-Dja’fī, haben sie zuerst mit den Leuten der Neuerung begonnen. Warum? Weil sie ihre Neuerung kritisieren wollten, nicht weil sie Überlieferer waren.“
Also haben die Şalaf zahlreiche Bücher bezüglich der Widerlegung der Leute der Neuerung verfasst, so wie wir dies bereits gesagt haben. Dabei haben sie den „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“ nicht allein auf die Überlieferer angewandt, da ja bekanntlich ein Neuer niemals zu den Leuten des Ĥadīths gehört hat, so wie ein Djahmī, ein Murdji` usw. Diese Person hat nichts mit den Überlieferern gemeinsam, doch ist er ein Neuerer. Deshalb wurde der „al-Djarĥ“ auf ihr auch angewandt.
Woher haben also diese Leute solch ein Verständnis her, dass die Tore des „al-Djarĥ“ nun verschlossen seien? Dies gleicht vollkommen dem Verständnis der Anhänger des blinden Folgens der Rechtschulen, die kein Idjtihād mehr dulden und behaupten, dass dieses Tor bereits seit der zweiten, dritten oder vierten Generation verschlossen sei. Dies würde jedoch heißen, dass der erhabene Allahs den Verstand der Muslime seither gelähmt hat, sodass sie seitdem nicht mehr fähig sind, weder die Worte Allahs noch die Şunnah des Propheten – möge Allah ihn loben und Heil schenken – zu begreifen. Dieses Urteil ist jedoch ungerecht und eine Verleumdung gegenüber dem erhabenen Allah.
Und gleicher Art ist die Verleumdung durch den der sagt: „Der „al-Djarĥ“ ist unterbrochen worden, sodass seine Tore nun verschlossen sind.“ Bei Allah! Dieser hier vergreift sich an den Islam. Mein Bruder, fürchte Allah. Verschließe nicht die Tore des „al-Djarĥ wa t-Ta’dīl“, sodass die Leute der Wahrheit und der Şunnah dir nicht mehr zuhören werden!“
Scheich Rabee’ – möge Allah ihn beschützen.