Mein Vater hat meine Schwester zwangsverheiratet. Ist diese Heirat gültig?

Frage:

Ich habe eine Schwester väterlicherseits. Mein Vater hat sie mit einem Mann verheiratet und das ohne ihre Zustimmung oder ihrer Erlaubnis. Sie ist einundzwanzig Jahre alt. Bei der Eheschließung haben dann die (Braut-) Zeugen ein falsches Zeugnis (Zūr) abgelegt und versichert, dass sie dieser Heirat zugestimmt habe. Danach hat ihre Mutter für sie die Eheschließung unterzeichnet. Seitdem ist sie nun verheiratet, obwohl sie diesen Mann immer noch vehement ablehnt! Wie sieht das islamische Urteil bezüglich dieser Eheschließung aus und auch bezüglich dieser Zeugen?

 

Antwort:

Es ist weder dem Vater noch jemand anders erlaubt, eine Frau zur Heirat mit einem Mann zu zwingen, den sie nicht möchte, auch wenn dieser (in Ihren Augen) der Geeignete wäre! Denn der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Eine Frau, die keine Jungfrau mehr ist, darf nicht ohne ihren Befehl verheiratet werden, und eine Jungfrau soll ohne ihr Einverständnis nicht verheiratet werden.“[1] Dies ist allgemeingültig. Hier wurde auch keine Ausnahme für irgendeinen Vormund (Wali) gemacht. Im Gegenteil, in „ŞaĥīĥMuşlim“ ist sogar verzeichnet, dass bei einer Jungfrau ihr Vater sie nach ihr Einverständnis fragen muss. Hier werden also sowohl die Jungfrau als auch ihr Vater explizit erwähnt. Dieser (Ĥadīth-) Text lässt deshalb keinen Raum mehr für Missverständnisse. Es ist für jeden verpflichtend, sich daran zu halten.

Somit ist es für einen Mann verboten (ĥarām), seine Tochter zu zwingen, einen Mann, den sie nicht heiraten möchte, zu heiraten! Das, was verboten (ĥarām) ist, darf auch dann weder bestätigt noch umgesetzt werden, da solch eine Umsetzung bzw. Bestätigung gegen ein Verbot verstößt, das überliefert wurde. Wir dürfen uns an den Dingen, die die Scharī‘ah verboten hat, weder beteiligen noch es selbst tun. Wenn wir solch einer Eheschließung zustimmen, bedeutet das, dass wir uns beim Brechen dieses strikten Verbots beteiligt haben und es zugelassen haben, dass solche Eheschließungen denen gleichgestellt werden, die in der Scharī‘ah erlaubt sind. Das darf nicht sein!

Deshalb ist die Zwangsverheiratung deiner Schwester durch deinen Vater ungültig und somit auch die Eheschließung. Hier muss sich das Gericht einschalten und es nochmal prüfen.

Was jedoch das falsche Bezeugens (Schahādat az-Zūr) anbetrifft, so gehört dies zu den größten aller großen Sünden (al-Kabā`ir), so wie es über den Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, überliefert wurde. Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Soll ich euch nicht über die größten aller großen Sünden unterrichten?“ Sie sagten: „Natürlich, oh Gesandter Allahs!“ Er sagte: „Allah etwas beizugesellen, Ungehorsam gegenüber den Eltern – dann richtete er sich auf, nachdem er angelehnt war – und das falsche Zeugnis, das falsche Zeugnis, das falsche Zeugnis …“ Er wiederholte es immer wieder, bis sie sagten: „Hätte er doch nur geschwiegen.“

Diese Zeugen, die dieses falsche Zeugnis abgelegt haben, müssen Allah aufrichtig um Vergebung bitten und die Wahrheit sprechen! Sie müssen dem Richter eingestehen, dass sie ein falsches Zeugnis abgelegt haben und dass sie dieses auch wieder zurücknehmen wollen.

Auch ihre Mutter, die für ihre Tochter rechtswidrig unterzeichnet hat, hat gesündigt und muss bei Allah aufrichtig um Vergebung bitten und solch eine Tat nie wieder begehen.

 

Scheikh Ibn ‘Uthaimīn „Fatāwā Nūr ‘Ala d-Darb“ S. 760

 

 



[1]
Verzeichnet bei Bukhārī und Muşlim

Das Urteil über das Verrichten des Freitagsgebets, wenn dieser auf den ‘Īd-Tag fällt

Frage:

Was ist das Urteil über das Verrichten des Freitagsgebets, wenn dieser auf den ‘Īd-Tag fällt? Muss das Freitagsgebet auch hier von allen Muslimen verrichtet werden, oder muss dieses lediglich von einer bestimmten Gruppe entrichtet werden? Denn viele Menschen glauben, dass wenn das Freitagsgebet auf den ‘Īd-Tag fällt, dadurch das Freitagsgebet ganz entfällt.

 

Antwort:

Für den Imām und Prediger des Freitagsgebets, ist es verpflichtend, das Freitagsgebet zu verrichten. Er muss in der Moschee kommen und mit denen das Freitagsgebet verrichten, die dort anwesend sind. Denn auch der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, pflegte dieses am Tage von ‘Īd zu tun. Er betete sowohl das ‘Īd-Gebet als auch das Freitagsgebet. Dabei hat er wahrscheinlich im ‘Īd- und Freitagsgebet die Suren Şabbiĥund al-Ĝāschiyah rezitiert. Dieses hat an-Nu’mān Ben Baschīr, Allahs Wohlgefallen auf beide, berichtet, so wie es in beiden Şaĥīĥ-Büchern verzeichnet ist.

Demjenigen jedoch, der beim ‘Īd-Gebet anwesend war, ist es erlaubt, das Freitagsgebet seinzulassen. Er braucht lediglich zu Hause das Dhuhr-Gebet zu verrichten oder mit einigen seiner Brüder, wenn auch diese das ‘Īd-Gebet verrichtet haben. Doch wenn er auch das Freitagsgebet mit den Menschen verrichtet, dann ist dies besser und vortrefflicher für ihn. Wenn er aber das Freitagsgebet seinlässt, da er am ‘Īd anwesend war und das ‘Īd-Gebet verrichtet hat, dann spricht nichts dagegen, es seinzulassen. Doch muss er das Dhuhr-Gebet weiterhin verrichten, sei es alleine oder in einer Gemeinschaft.

Und Allah ist die Quelle der Kraft.

 

Scheikh Ben Bāz in „Madjmū‘ Fatāwā wa Maqālāt Mutanawwi’ah“ Band 12

Was ist das angemessene Heiratsalter für Männer und Frauen?

Frage:

Was ist das angemessene Heiratsalter für Männer und Frauen?

Einige junge Frauen wollen Männer nicht heiraten, die älter sind als sie selber. Ebenso heiraten einige Männer diejenigen Frauen nicht, die älter sind als sie. Wir freuen uns über ihre Antwort und bitten Allah Sie mit Gutem zu belohnen.

 

Antwort:

Ich rate jungen Frauen, den Heiratsantrag von einem Mann nicht abzulehnen wegen seines Alters, obgleich er 10, 20 oder 30 Jahre älter ist als sie selber. Dieses ist kein Grund, denn der Prophet sallallaahu alayhi wa salam heiratete A'ishah radiAllahu anha als er 53 und sie 9 Jahre alt war. Älter zu sein bringt keinen Schaden mit sich. Es gibt keine Sünde darin, wenn die Frau älter ist als der Mann, noch gibt es irgendeine Sünde darin, wenn der Mann älter ist als die Frau, denn der Prophet sallallaahu alayhi wa salam heiratete Khadijah, radiAllahu anha (bevor die Offenbarung zu ihm kam) als sie 40 und er 25 Jahre alt war. Das bedeutet sie war 15 Jahre älter als er sallallaahu alayhi wa salam.

Die Menschen werden durch die Medien im Radio oder im Fernseher abgeschreckt mit unterschiedlichem Alter zu heiraten. Das ist alles falsch und darf nicht von ihnen verbreitet werden. Die Frau ist verpflichtet den (zukünftigen) Ehemann anzuschauen und wenn er rechtschaffen ist und einem zusagt, sollte sie zustimmen, selbst wenn er älter ist als sie. Gleiches gilt für den Mann, der dazu angehalten ist eine rechtschaffene, religiöse Frau zu suchen, selbst wenn sie jünger ist (jedoch bereits ihre Geschlechtsreife erreicht hat) oder älter ist als sie.

Kurz gesagt, das Alter sollte keine Ausrede sein abzulehnen und auch keine Angelegenheit sein, für die man sich schämen sollte, solange der Mann und die Frau rechtschaffen sind.

Möge Allah die Situationen von uns allen verbessern.

 

Shaykh `Abdul-`Azeez Bin Baz

Fatawa Islamiyah, volume 5, The Book of Marriage, page 169-170

Argumentation mit schwachem Hadith

Frage:

Ist die Argumentation mit schwachem Hadith in Angelegenheiten der Aqidah erlaubt, um den Madhhab der Salaf zu bestätigen?


Antwort:

Die Argumentation mit schwachem Hadith ist nicht erlaubt nicht in den Angelegenheiten der Aqidah und auch nicht in einer anderen Angelegenheit.
 

Fatāwā wa Raşā`il ‘Abdur-Razzāq ‘Afīfī, Seite 625

Das Benutzen von Augentropfen während des Fastens

Frage:

Ist es erlaubt, Augentropfen während den Tagen von Ramadan zu verwenden?


 
Antwort:

Ja, es ist erlaubt und dies annulliert das Fasten nicht nach der richtigen Meinung von zwei Meinungen.
 
Und mit Allah ist der Erfolg, und möge Allah Segen und Frieden auf unseren Propheten Muhammad (sall Allahu alaihi wa salam) auf seiner Familie und seinen Freunden senden.

 

Fatwa Ramadan, 2. Volumen, Seite 509, Fatwa Nr. 470

Das ständige Komitee für islamische Forschung und Fatwa, bestehend aus:
Vorsitzender: Schaich Abdul-Aziz Ibn Abdullah Ibn Baz
Stellvertretender Vorsitzender: Schaich Abdur-Razak Afifi
Mitglied: Schaich Abdullah Ibn Gudejan
Mitglied: Schaich Abdullah Ibn Ku’ud
 
Übersetzt: Alben "Abdur-Rahman" Aliu

 

Soll man 8 oder 20 Raka beten?

Frage:

Wenn ich in der Moschee bete, und der Imam betet 20 Raka, muss ich 20 mit ihm zusammen beenden oder soll ich 8 Raka zusammen mit ihm beten, und danach Witr alleine beten und gehen?
 
Antwort:

Ich beratschlage dich dass du 8 Raka betest und Witr alleine betest. Dass du der Sunnah folgst ist angebrachter, weil Wahrlich, der Prophet, sall Allahu alaihi wa salam, hat gesagt: "Betet, wie ihr mich beten gesehen habt" (Buchari).

 

Fadaih wa Nasaih al-Alama, al-Muhadith, Darul-Haramain, Kairo, Seite 86
Übersetzt von: Alben "Abdur-Rahman" Aliu

Es ist nicht zulässig, der Nacht zur Hälfte von Scha’bān eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken

Frage:

Ich habe eine Frage über den Sufismus. Sie haben bestimmte Bittgebete für die Nacht zur Hälfte von Scha’bān und stehen in dieser Nacht auch auf, um gemeinsam das freiwillige Gebet (Qiyām al-Layl) zu verrichten. Außerdem fasten sie den Tag zur Hälfte von Scha’bān. Was ist eure Meinung zu dieser Gruppe?

 

Antwort:

Es ist bei den Ahlu ş-Şunnah bekannt, dass das Aufstehen in der Nacht zur Hälfte von Scha’bān (für das freiwillige Gebet) und das Fasten an diesem Tag zu den Neuerungen gehört, die von der Scharī’ah nicht erlassen wurden. Dies hat zwei Gründe:

Erster Grund: Es ist nichts darüber überliefert worden, dass der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, seine Gefährten oder die übrigen rechtschaffenen Vorfahren (Şalaf) dieser Nacht eine besondere Aufmerksamkeit schenkten, weder durch das Aufstehen in dieser Nacht (für das Gebet) noch indem sie den darauffolgenden Tag gefastet haben. Dies ist der erste Grund.

Wir glauben entschieden daran, ohne zu zweifeln oder zaghaft dabei zu sein, dass alles Gute im Befolgen der rechtschaffenen Vorfahren (Şalaf) steckt und alles Schlechte in den Neuerungen der Nachfolger (Khalaf). Daraus ergibt sich folgendes: Jede Art von Anbetung (‘Ibādah), das erst nach den rechtschaffenen Vorfahren eingeführt wurde, zu den Neuerungen gehört. Außerdem hat der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, den Begriff der Irreführung auf jede Art der Neuerung angewandt, egal wie bedeutsam sie (bei ihren Leuten) sein mag oder von ihren Anhängern geschmückt und verschönert wird. Dies verhält sich so, wie ein Gefährte des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, der ja zu ihren gottesfürchtigsten und wissendsten gehört, nämlich ‘Abdullah Ibn ‘Ummar Ibn al-Khattāb, Allahs Wohlgefallen auf ihm, gesagt hat: „Jede Neuerung ist Irreführung, auch wenn die Menschen es als etwas Gutes ansehen sollten!“

Diese authentische Überlieferung über Ibn ‘Ummar ist die unmissverständliche Erklärung der allgemeinen Aussage des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken: „Jede Neuerung ist Irreführung!“ Ibn ‘Ummar sagt in deutlicher arabischer Sprache: „Jede Neuerung ist Irreführung, auch wenn die Menschen es als etwas Gutes ansehen sollten!“ Wenn dies also so ist, dann ist das Fasten in der Nacht zur Hälfte von Scha’bān und das Aufstehen in dieser Nacht für das Verrichten des freiwilligen Gebets zwei Dinge, die in die Religion neu eingeführt wurden, da sie zur Zeit der rechtschaffenen Vorfahren nicht existiert haben. Das ist zu Punkt eins.

Zweitens:       Diejenigen, die solch eine besondere Aufmerksamkeit für die Nacht zur Hälfte von Scha‘bān billigen, stützen sich dabei auf einen Ĥadīth, dessen Überlieferungskette sehr schwach ist. Dieser Ĥadīth wurde bei Ibn Mādjah in seinem „Şunnan“ über den Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, verzeichnet, wo darin er sagte – dieses darf dem Propheten jedoch nicht zugeschrieben werden: „Wenn die Nacht zur Hälfte von Scha’bān anbricht, dann steht in der Nacht (für das freiwillige Gebet) auf und fastet am Tage.“

Dann erwähnte er einen Vorteil, bei dem der Überlieferer, dem seine bösen Taten ihm ausgeschmückt wurden, übertrieben hat, als er diesen Ĥadīth seinem Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, zugeschrieben hat. Dazu gehört zum Beispiel, dass einer Person an diesem Tag so und so viel Sünde und Fehltritte vergeben wird. Dieser Ĥadīth ist sehr schwach, sodass damit nicht gearbeitet werden darf. Dieses gilt auch sogar bei denen, die es für erlaubt ansehen, mit einem schwachen Ĥadīth im Bereich der rechtschaffenen Werke zu arbeiten. Denn auch bei ihnen gilt die Bedingung, dass die Schwäche eines Ĥadīths nicht stark sein darf.

Doch dieser Ĥadīth ist sehr schwach. Außerdem kann zum Fasten in der Hälfte von Scha’bān auch seine folgende Aussage, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hinzugefügt werden, das bei uns authentisch ist: „Wenn die Hälfte von Scha’bān verstrichen ist, dann fastet nicht bis Ramadan.“

Zweifellos ist der fünfzehnte Tag die Hälfte von Scha’bān, vor allem, wenn der Monat Scha’bān kürzer ist und nur neunundzwanzig Tage hat. In diesem Fall ist es dann zweifellos die Hälfte von Scha’bān und das Fasten ist nicht erlaubt.

Somit haben diejenigen, die in der Hälfte von Scha’bān fasten, gleich zwei Fehler begangen. Sie haben mit einem Ĥadīth gearbeitet, der sehr schwach ist. Und wenn sie sagen sollten, dass sie auf diesen Ĥadīth nicht angewiesen seien, dann sagen wir ein weiteres Mal zu ihnen, dass sie in der Religion Allahs etwas neues eingeführt haben, dass keinen Ursprung hat. Außerdem haben sie dem authentischen Ĥadīth widersprochen, wo darin er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Wenn die Hälfte von Scha’bān verstrichen ist, dann fastet nicht bis Ramadan.“

Somit darf der Nacht zur Hälfte von Scha’bān keinerlei besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden, da bezüglich ihrer Gunst nichts Authentisches überliefert wurde. Außerdem wurde über die rechtschaffenen Şalaf nichts überliefert, dass sie dieser Nacht eine besondere Aufmerksamkeit schenken, so wie wir es von diesen Nachfolgern hören.

Was die Hälfte von Scha’bān anbetrifft, so haben wir nun gezeigt, dass der erste Ĥadīth, den wir zuvor erwähnten, nicht authentisch ist und im Gegensatz dazu folgender Ĥadīth authentisch ist: „Wenn die Hälfte von Scha’bān verstrichen ist, dann fastet nicht bis Ramadan.“

In dieser Angelegenheit sieht man jedoch wieder, dass die unwissende Masse der Menschen leider einigen Anbetungen ihre völlige Aufmerksamkeit schenkt, obwohl diese nicht authentisch sind, weder aus der Sicht der Überlieferungskette noch aus der Sicht des Verständnisses. Doch im Gegensatz dazu schenken sie den Anbetungen, die authentisch über den Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, überliefert wurden und über die die Gelehrten der Muslime keine Meinungsverschiedenheit haben, sehr wenig Achtung. Sie schenken den Anbetungen ihre Achtung die keine Achtung verdienen und widersetzen sich im Gegensatz dazu den Anbetungen, die ihre Achtung erfordert. Dies ist eine Ermahnung und die Ermahnung nützt den Gläubigen, wenn Allah will.

Scheikh Nāşir ad-Din al-Albānī in „al-Hudā wa n-Nūr“, Kassette Nr. 186

Das Urteil über das Folgen der Madhāhib

Scheikh Şāliĥal-Fawzān, möge Allah ihn im Guten bewahren, hat gesagt: „Die Menschen unterteilen sich diesbezüglich in vier Kategorien:

Erste Kategorie:        Derjenige, der fähig ist, den absoluten Idjtihād1 durchzuführen, indem er direkt vom Qur`ān und von der Şunnah nimmt und die Urteil vom Qur`ān und von der Şunnah selbst herleitet. Dieser ahmt niemanden nach (Taqlīd). Dies ist die höchste Ebene. Doch dieser kann nur jemand sein, bei dem die bekannten Voraussetzungen für den Idjtihād alle erfüllt sind, indem er wissend sein muss im Bezug auf das Buch Allahs und der Şunnah Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Er muss auch wissend sein im Bezug auf die arabische Sprache, mit der der Qur`ān ja herabgesandt wurde. Er muss weiterhin auch wissend sein über die eindeutigen Verse und andere, die mehrdeutig sind (al-Muĥkam wa l-Mutaschābih), über die beschränkten und unbeschränkten (al-Muttlaq wa l-Muqayyad), über die abrogierenden und abrogierten (an-Nāşikh wa l-Manşūkh) und über die allgemeingültigen und spezifischen (al-’Ām wa l-Khāş). Außerdem muss er darin qualifiziert sein. Dieser (der diese Fähigkeiten besitzt) kann Idjtihād machen. Dieses hatten die vier Imame, AbūĤanīfah, Mālik, asch-Schāfi’īund Aĥmad. Aber auch Şufyān ath-Thaurī und al-Auzā’ī gehörten dazu. Allah gab ihnen dieses Talent für den Idjtihād.

Zweite Kategorie:     Derjenige, der nicht fähig dazu ist, den absoluten Idjtihād durchzuführen. Doch kann er zwischen den einzelnen Aussagen der Gelehrten unterscheiden und die richtigere daraus entnehmen, da er weiß, welche davon sich auf solide Beweise stützen und welche nicht. Dieser muss die Aussagen nehmen, die sich auf Beweise stützen und die Aussagen zurückweisen, die den Beweisen widersprechen. Die Vorgehensweise heißt at-Tardjīĥ(Bevorzugung) und auch al-Idjtihād al-Madhhabī (der Madhhab bezogene Idjtihād).

Dritte Kategorie:       Derjenige, der nicht fähig dazu ist, at-Tardjīĥ zu machen. Dieser wird den Muqalidīn (den Nachahmern im Bezug auf einen Madhhab) zugeschrieben. Doch wenn er Kenntnis darüber haben sollte, dass es für eine bestimmte Aussage keinen Beweis gibt, dann darf er die Aussage nicht nehmen. Doch solange er keine Kenntnis hat und ihm auch kein Verstoß gezeigt wird, ist es nicht schlimm, wenn er Taqlīd macht und lediglich die Aussagen der vertrauenswürdigen Gelehrten nimmt.

Vierte Kategorie:      Derjenige, der nicht fähig dazu ist, eines dieser Dreien zu tun. Weder kann er Idjtihād machen noch Tardjīĥ noch al-Idjtihād al-Madhhabī. Zu diesen gehört die unwissende Masse (al-‘Awām). Diese müssen die Gelehrten in ihren Angelegenheiten befragen, so wie es der erhabene Allah gesagt hat: "So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst."2 Er soll diejenigen Gelehrten fragen, die er als vertrauensvoll ansieht und bei denen er sich wohl fühlt. Es müssen aber Gelehrte sein, denen im Bezug auf ihr Wissen, ihren Handlungen und ihren Fatāwāş (isl. Rechtsprechungen) vertraut werden kann.

Dies ist die Unterteilung der Menschen im Bezug auf dieses Thema.

Es ist für jeden Muslim verpflichtend, seine eigenen Fähigkeiten richtig einzuschätzen. Man darf nicht der Selbstüberschätzung unterliegen und sich selbst eine höhere Ebene zuschreiben, als man verdient. Diese Angelegenheit ist sehr gefährlich. Man sollte Allah, den Erhabenen, fürchten, da es hier um Urteile geht, ob etwas verboten oder erlaubt ist und ob etwas ins Paradies oder in die Hölle führt. Niemand sollte sich in eine Situation bringen, von der er nicht mehr raus kann.“3

 

Scheikh Muĥammad Ben Şāliĥ al-‘Uthaimīn, möge Allah mit ihm gnädig sein, hat gesagt:

„Derjenige, der kein Wissen hat und auch nicht imstande ist, Idjtihād zu machen, sollte die Gelehrte fragen, denn der erhabene Allah hat gesagt: "So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst." Der erhabene Allah hat nur deshalb damit befohlen, die Gelehrten zu fragen, um ihre Aussagen zu nehmen. Dies ist der Taqlīd (Nachahmung). Das, was jedoch im Bezug auf Taqlīd verboten ist, ist dass man sich bei allen Angelegenheiten allein auf einen bestimmten Madhhab (Rechtsschule) bezieht und dabei glaubt, dass dies der wahre Weg zu Allah, den Erhabenen, sei. Man nimmt dann nur noch von diesem Madhhab, auch wenn dies den klaren Beweisen eindeutig widerspricht.

Derjenige jedoch, der in der Lage ist, Idjtihād durchzuführen, wie die strebenden nach Wissen (Tullāb al-‘Ilm), die sich bereits ein solides Wissen aneignen konnten, diese sollten Idjtihād in Bezug auf die Beweise machen und das nehmen, was für ihn richtiger ist oder am ehesten zur Richtigkeit neigt. Was jedoch die unwissende Masse und die Anfänger anbetrifft, so sollten sie Idjtihād im Bezug auf Taqlīd machen und zwar gegenüber den Gelehrten, die - ihrer Meinung nach - am nächsten zur Wahrheit sind, da sie bekannt für ihr Wissen sind und für die Stärke ihrer Religion und ihrer Frömmigkeit.“4

 

 

________________________________

1 Idjtihād: Der Prozess des Denkens, durch den nach gründlichen Nachforschen Islamische Gesetze/Regeln hergeleitet werden (in Fällen, wo es für ein Problem keine klaren Beweise aus dem Qur`ān und/oder der authentischen Şunnah gibt). Selbstständige Urteilsfindung.

2 An-Naĥl 16:43

3 I’ānat al-Muştafīd bi Scharĥ Kitāb at-Tauĥīd

4 Al-’Ilm, S. 205

Was ist dem Ehemann mit seiner Frau zu tun erlaubt, nachdem der Ehevertrag geschlossen wurde und bevor der Vollzug der Ehe bekannt gemacht wurde?

Frage:

Was ist dem Ehemann mit seiner Frau zu tun erlaubt, nachdem der Ehevertrag geschlossen wurde und bevor der Vollzug der Ehe bekannt gemacht wurde?

 

Antwort:

Alles Lob gebührt Allah!

Scheikh ‘Abdul-‘Azīz Ben Bāz, möge Allah mit ihm barmherzig sein, hat gesagt:

„Es ist für ihn zulässig das zu tun, was Männer mit ihren Ehefrauen tun dürfen. Doch sollte er bis zum vereinbarten Zeitpunkt (Hochzeitsnacht) geduldig sein, um mit ihr die Ehe zu vollziehen. Wenn er sie aber für einen klaren Grund besuchen oder mit ihr telefonieren möchte und die Erlaubnis dazu von ihrer Familie hat, so ist nichts Falsches daran. Wenn er sie trifft und mit ihr allein ist, jedoch mit Erlaubnis ihrer Familie, so ist auch hier nichts Falsches daran. Doch wenn es heimlich geschieht, ohne dass jemand aus ihrer Familie darüber Bescheid weiß, dann ist dies gefährlich, da es dazu führen kann, dass sie von ihm schwanger wird und er dann schlecht über sie denkt oder leugnet, mit ihr intim gewesen zu sein. Somit kann dies eine Menge Fittnah und Ärger verursachen.

Somit sollte er sich zurückhalten und sich in Geduld üben, bis der vereinbarte Zeitpunkt für den Vollzug der Ehe eintrifft. Wenn es notwendig sein sollte, sie zu kontaktieren oder sich mit ihr zu treffen, so sollte ihr Vater, ihre Mutter oder ihr Bruder dabei sein, damit nichts passieren kann, dass möglicherweise negative Folgen haben könnte.“

FatāwāScheikh ‘Abdul-‘Azīz Ben Bāz (21:208, 209)

Scheikh Muĥammad Ibn Şāliĥal-‘Uthaimīn, möge Allah mit ihm barmherzig sein, hat gesagt:

„Wenn ein Mann den Ehevertrag mit einer Frau geschlossen hat, dann ist er somit ihr Ehemann geworden und darf mit ihr auch telefonieren und Briefe an sie schreiben. Es ist nichts Falsches daran, mit ihr Kontakt zu haben, da sie nun seine Ehefrau ist. Doch darf es nicht zum Geschlechtsverkehr kommen. Wenn er also Kontakt mit ihr hat, das Sitzen mit ihr genießt und sie küsst, ist nichts dagegen einzuwenden. Es darf jedoch nicht zum Geschlechtsverkehr kommen, da der Geschlechtsverkehr zu diesem Zeitpunkt eine gewaltige Gefahr darstellt und es ihn dazu führen kann, schlecht von ihr denken. Sie kann außerdem nach diesem Geschlechtsverkehr schwanger werden und gebären, bevor der festgelegten Zeitpunkt für den Vollzug der Ehe verstrichen ist, sodass der Frau Fehlverhalten vorgeworfen werden kann.“

Liqā`āt al-Bāb al-Maftūĥ(175/Frage-Nr. 12).

Und Allah weiß es am besten!

Unterkategorien

basseera.de

basseera.de - Qur`ān • Şunnah • Şaĥābah

Wir rufen zur Rückkehr zum Qur`ān und zur prophetischen und authentischen Şunnah nach dem Verständnis der rechtschaffenen Vorfahren (Şalaf) – Allahs Wohlgefallen auf sie alle.

Jetzt Online

Aktuell sind 449 Gäste und ein Mitglied online

Statistiken

  • Benutzer 3
  • Beiträge 596
  • Beitragsaufrufe 3077337