Das Scheinargument:
Die Shīʿa verwenden den Ḥadīth „Der Islam wird mächtig bleiben bis zu zwölf Khalīfa, alle von ihnen sind aus Quraish“ als Beweis für die Einsetzung ihrer zwölf Imame.
Antwort auf das Scheinargument:
Erstens: Die Formulierungen des Ḥadīth passen nicht auf ihre Imame:
- „Es wird zwölf Emirs (Amīr) geben, alle von ihnen sind aus Quraish.“1
- „Der Islam wird mächtig bleiben bis zu zwölf Khalīfa, alle von ihnen sind aus Quraish.“2
- „Die Religion wird bestehen bleiben, bis unter euch zwölf Khalīfa sind, auf die sich die Gemeinschaft einigt.“3
Wer die Formulierungen des Ḥadīth betrachtet, stellt fest, dass die beschriebenen Eigenschaften dieser zwölf Khalīfa die Führerschaft (Imāra) und das Kalifat (Khilāfa) sind. Diese Eigenschaften treffen jedoch nicht auf die Imame der Shīʿa zu, da - ihrer eigenen Darstellung zufolge - nur ʿAlī und al-Ḥasan, Allahs Wohlgefallen auf ihnen, regiert haben, während die restlichen Imame, gemäß ihrer Behauptungen, unterdrückt wurden.
Daher verliert der Ḥadīth als Argumentationsgrundlage für die Shīʿa jegliche Gültigkeit, und die Diskussion darüber beschränkt sich nur noch auf Nebenaspekte.
Zweitens: Die Formulierungen des Ḥadīth weisen außerdem darauf hin, dass die Religion während der Herrschaft dieser zwölf Kalifen „mächtig, bestehen, stark und rechtschaffen“ ist. Dies trifft jedoch nicht auf die Imame der Shīʿa zu, denn sie berichten selbst, dass jeder ihrer Imame entweder ermordet oder vergiftet wurde, dass sie unterdrückt wurden und dass sie Taqiyya (Verstellung) anwenden mussten, um ihre Religion aus Angst vor den Sunniten zu verbergen. Sie überlieferten sogar, dass ihre Imame sagten: „Ihr folgt einer Religion, deren Geheimhaltung Allah zur Stärke gemacht hat.“4
Welche Macht und Erhebung kann jedoch eine Religion besitzen, wenn ihre Anhänger sie aus Furcht nicht öffentlich praktizieren können?
Unter ihrer Führerschaft hat sich die Angelegenheit der Umma nicht gefestigt; vielmehr blieb sie korrupt und gespalten, unter der Herrschaft von ungerechten und tyrannischen Herrschern, während ihre Imame keine Autorität besaßen.
Bei genauer Betrachtung wird klar, dass die Zwölfer-Shīʿa die erniedrigste aller Gruppen ist. Dies zeigt sich in ihrer ständigen Anwendung von Taqiyya, ihrem Verbergen ihrer Glaubensüberzeugungen und ihrer anhaltenden Betonung des Leids ihrer Imame. Diese Erniedrigung besteht, obwohl ihr zwölfter Imam, wie sie glauben, seit seiner Geburt bis zum Ende der Zeit in der Wilāya (Führerschaft) verbleibt.
Drittens: Die Anzahl der Imame bei den Shīʿa beträgt dreizehn. Der Shīʿa-Gelehrte al-Kulainī (gest. 941 n. Chr.) überliefert in seiner Überlieferungskette von Abū l-Jārūd, von Abū Jaʿfar, möge Allah ihm Heil schenken, folgendes: „Jābir Ibn ʿAbdillāh al-Anṣārī berichtete: ‚Ich trat bei Fāṭima, möge Allah ihr Heil schenken, ein, und vor ihr befand sich eine Tafel, auf der die Namen der Nachfolger aus ihrer Nachkommenschaft standen. Ich zählte zwölf, der letzte von ihnen war der Qāʾim (Mahdī), möge Allah ihm Heil schenken. Drei von ihnen hießen Muḥammad und drei von ihnen ʿAlī.‘“5
Wenn wir jedoch ʿAlī, Allahs Wohlgefallen auf ihn, zu den zwölf Nachkommen zählen, ergibt sich eine Gesamtanzahl von dreizehn.
Al-Kulainī überliefert zudem: „Abū l-Jārūd berichtete von Abū Jaʿfar, möge Allah ihm Heil schenken, dass der Gesandte Allahs ﷺ sagte: ‚Ich und zwölf aus meiner Nachkommenschaft und du, o ʿAlī, sind die Säulen der Erde - also ihre Stützen und Berge. Durch uns hat Allah die Erde gefestigt, damit sie nicht mit ihren Bewohnern bebt. Wenn die zwölf aus meiner Nachkommenschaft vergehen, wird die Erde mit ihren Bewohnern untergehen und keine Gnade erfahren.‘“6
Demnach beträgt die Anzahl dreizehn und nicht zwölf. Daher erwähnen einige Werke der Shīʿa, die über verschiedene Gruppen innerhalb der Shīʿa sprechen, dass es eine Gruppe gibt, die sich „die Dreizehn“ nennt. Diese Gruppe glaubte auf Grundlage der beiden Überlieferungen aus al-Kāfī an dreizehn Imame.
Viertens: Warum hat der Prophet ﷺ in den Überlieferungen nicht die Begriffe Ahlu l-Bayt, ʿItra, Aʾimma, Awṣiyāʾ, Banū Hāshim oder die Kinder von Fāṭima verwendet?
Warum finden wir in den Überlieferungen keine Hinweise darauf, dass sie ausschließlich aus den Nachkommen von al-Ḥusain stammen und nicht von al-Ḥasan, dass sie unfehlbar sind, die besten Menschen, Träger einer Wilāya Takwīniyya7 (Schöpfungsautorität)?
Warum finden wir nicht, dass man ihnen unbedingt folgen muss und dass die Religion nur von ihnen genommen werden darf?
Fünftens: Wenn diese Kalifen tatsächlich die Imame der Shīʿa wären, warum hat der Prophet ﷺ gesagt: „Alle von ihnen sind aus Quraish“ und nicht: „Alle von ihnen stammen aus der Nachkommenschaft von Fāṭima und ʿAlī“?
Warum hat er sie nicht namentlich genannt, um es den Muslimen zu erleichtern, ihnen zu folgen, wo er ﷺ doch mit der Gabe der prägnanten Worte gesegnet war? Oder hat er etwa selbst Taqiyya angewendet? Niemals und weit entfernt ist er von solchen Unterstellungen - möge mein Vater und meine Mutter für ihn geopfert werden!
Sechstens: Wir sind nicht dazu verpflichtet, nach diesen Kalifen zu forschen, ihre Namen oder die Dauer ihrer Herrschaft zu ermitteln. Wäre die Suche nach ihnen von Nutzen, hätte uns der wahrhaftige und vertrauenswürdige Prophet ﷺ darüber informiert. Denn er hat uns keinen guten Weg verschwiegen, sondern uns auf den klaren Pfad geführt.
Demnach hat uns Allah nicht dazu verpflichtet, die Namen und konkreten Identitäten der im Ḥadīth erwähnten Personen zu kennen. Hätte Allah gewollt, dass wir dazu verpflichtet sind, hätte der Prophet ﷺ sie uns namentlich genannt. Da er dies jedoch nicht getan hat, wissen wir, dass dieser Ḥadīth lediglich eine prophetische Vorhersage ist. Sie besagt, dass der Jüngste Tag nicht eintreten wird, bis zwölf Führer aus Quraish herrschen und der Islam unter ihrer Herrschaft mächtig ist. Dies ist eines der Zeichen für den Sieg dieser Religion.
Ähnlich hat der Prophet ﷺ in einem Ḥadīth über die Eroberung Konstantinopels (heute Istanbul) gesagt: „Konstantinopel wird gewiss erobert werden. Welch ein vorzüglicher Führer ist ihr Führer, und welch ein vorzügliches Heer ist ihr Heer!“8 Allah hat uns nicht verpflichtet, den Namen dieses Führers zu kennen. Es handelt sich lediglich um eine prophetische Vorhersage des Propheten ﷺ, die wir zu glauben verpflichtet sind, ohne dass wir ihren genauen Bezug kennen müssen. Hätte der Prophet ﷺ dies von uns verlangt, hätte er uns seinen Namen genannt.
Ihr behauptet doch selbst, dass die Armee, die mit dem Mahdī kommt, aus 313 Soldaten besteht. Wurden euch ihre Namen bekanntgegeben, und hat Allah euch verpflichtet, sie zu kennen? Die Antwort ist eindeutig: Nein.
Ähnlich verhält es sich mit dem Ḥadīth, der von beiden Gruppen (Sunna und Shīʿa) übereinstimmend überliefert wird: „Diese Gemeinschaft wird sich in dreiundsiebzig Gruppen aufspalten, und alle werden im Höllenfeuer sein, außer einer.“9
Ist ein Muslim hier verpflichtet, die Namen dieser irregeleiteten Gruppen zu kennen? Und wenn er stirbt, während er sich an das Buch Allahs und die Sunna Seines Gesandten hält, ohne die Namen dieser irregeleiteten Gruppen zu kennen, schadet ihm dies in seinem Glauben?
Genauso verhält es sich mit den Namen dieser Kalifen: Wäre es für die Gemeinschaft von Vorteil, die Namen dieser Gruppen zu kennen, hätte uns der Prophet ﷺ darüber informiert. Und wäre es von Nutzen für die Gemeinschaft, die Namen dieser Kalifen zu kennen, hätte uns der Prophet ﷺ diese genannt.
Wenn ihr euch dennoch weigert, dies anzuerkennen, sagen wir euch: Ihr selbst habt eine Überlieferung, die erwähnt, dass vor dem Erscheinen des Mahdī zwölf Männer aus den Banū Hāshim hervortreten werden, von denen jeder Anspruch auf die Führerschaft erhebt.10 Es heißt: „Abū Khadīja berichtete, dass Abū ʿAbdillāh, möge Allah ihm Heil schenken, sagte: ‚Der Qāʾim (Mahdī) wird nicht hervortreten, bis zwölf Männer aus den Banū Hāshim hervortreten, von denen jeder Anspruch auf die Führerschaft erhebt.‘“11
Gebt uns also die Namen dieser zwölf Männer, andernfalls verliert euer Argument jegliche Gültigkeit.
Siebtens: Ist ʿĪsā (Jesus), möge Allah ihm Heil schenken, bei den Shīʿa mutiger und entschlossener als der Prophet ﷺ?
ʿĪsā, möge Allah ihm Heil schenken, hat sein Volk offen über die Prophetenschaft Muḥammads ﷺ informiert und seinen Namen öffentlich erwähnt. Allah sagt: "Und als ʿĪsā, der Sohn Maryams, sagte: „O Kinder Isrāʾīls, gewiss, ich bin Allahs Gesandter an euch, das bestätigend, was von der Thora vor mir [offenbart] war, und einen Gesandten verkündend, der nach mir kommen wird: sein Name ist Aḥmad.“ Als er nun mit den klaren Beweisen zu ihnen kam, sagten sie: „Das ist deutliche Zauberei.“"12
Warum hat also der Prophet ﷺ seiner Gemeinschaft die Imāma nicht klar verkündet und ihnen die Namen dieser zwölf Imame genannt?
Achtens: Der Ḥadīth zeigt eindeutig, dass die Zeit nach dem Propheten ﷺ in zwei Phasen unterteilt ist: eine Phase, in der die Angelegenheiten der Gemeinschaft bestehen, und eine Phase, in der sie nicht bestehen. Nach Ansicht der Rāfiḍa gibt es jedoch keine Zeit, in der diese zwölf Imame nicht existieren.
Demnach müsste die Religion in jeder Zeit nach dem Propheten ﷺ bis zum Tag der Auferstehung mächtig und stark sein. Doch weder die Shīʿa noch die Sunniten noch der Wortlaut des Ḥadīth selbst sagen dies aus. Damit entfällt das Argument der Rāfiḍa, den Ḥadīth als Beweis für ihre Lehren heranzuziehen.
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1) Verzeichnet bei Bukhārī (Nr. 7222, 7223) und Muslim (Nr. 1821).
2) Verzeichnet bei Muslim (Nr. 1821).
3) Siehe aṣ-Ṣaḥīḥa von al-Albānī (Bd. 1, S. 720). Er klassifizierte diesen Ḥadīth als schwach.
4) Al-Kāfī von al-Kulainī; Bd. 2, S. 222.
5) Al-Kāfī von al-Kulainī; Bd. 1, S. 535.
6) Al-Kāfī von al-Kulainī; Bd. 1, S. 535.
7) Die Wilāya Takwīniyya bedeutet, dass alle Atome des Universums den zwölf Imāmen untergeordnet sind und sie damit nach ihrem Willen verfahren können.
8) Verzeichnet bei Aḥmad in al-Musnad; Druck: ar-Risāla; Bd. 28, S. 287, Nr. 18957. Der Muḥaqqiq des Werkes sagte: „Seine Überlieferungskette ist schwach, da ʿAbdullāh Ibn Bishr al-Khathʿamī unbekannt ist. Nur al-Walīd Ibn al-Mughīra al-Maʿāfirī hat von ihm überliefert, und außer Ibn Ḥibbān hat niemand seine Vertrauenswürdigkeit bezeugt.“
9) Verzeichnet bei Aḥmad in al-Musnad (Nr. 8396) und von Ibn Abī ʿĀṣim in as-Sunna (Bd. 1, S. 33). Al-Albānī sagte in seiner Untersuchung des Buches as-Sunna: „Seine Überlieferungskette ist gut. Alle Überlieferer sind vertrauenswürdig und gehören zu den Überlieferern von Muḥammad Ibn ʿAmr, der ein guter Überlieferer ist, wie ich in aṣ-Ṣaḥīḥa erklärt habe.“
Was die Shīʿa betrifft, so siehe: Biḥār al-Anwār von al-Majlisī (Bd. 28, S. 8) und at-Tafsīr al-Aṣfā von al-Faiḍ al-Kāshānī (Bd. 1, S. 375).
10) Al-Ghaiba von aṭ-Ṭusī; Bd. 1, S. 437.
11) Ithbāt al-Hudāt (Bd. 3, S. 726, Nr. 47) sowie in Biḥār al-Anwār (Bd. 52, S. 209, Nr. 47), mit Bezug auf Irshād al-Mufīd (S. 358) überliefert von al-Ḥasan Ibn ʿAlī al-Washshāʾ mit demselben Inhalt. Auch aufgeführt in Kashf al-Ghumma (Bd. 2, S. 459), al-Mustajād (S. 548) und as-Ṣirāṭ al-Mustaqīm (Bd. 2, S. 249) mit Bezug auf al-Irshād. In Ithbāt al-Hudāt (S. 731, Nr. 75) wird mit geringfügigen Unterschieden aus Iʿlām al-Warā (S. 426) ebenfalls von al-Ḥasan Ibn ʿAlī al-Washshāʾ überliefert.
12) Aṣ-Ṣaff (Die Reihe) 61:6.