Frage:
Mein Bruder im Islam, bezüglich des Verlassen des Gebetes hast du geschrieben, dass die Mehrheit der Gelehrten gesagt haben, dass wer das Gebet verlässt und es nicht leugnet, kein Kāfir ist. Ich habe bis jetzt andere Sachen gehört oder gelesen, bekannt ist, dass die Şaĥābah alle die Meinung hatten, dass wer das Gebet verlässt, ein Kāfir ist. Kannst du bitte zu diesem Thema eine klare Stellungnahme von den Großgelehrten mit Beweisen nehmen?
Bārakallāhu fīk.
Antwort:
Alles Lob gebührt Allah. Und Lob und Heil seien auf Seinen Gesandten.
Willst du mein Bruder, möge Allah dich im Guten bewahren, etwa darauf hinaus, dass es diesbezüglich keine Meinungsverschiedenheit gibt und dass hierüber Konsens unter den Gelehrten herrsche? Die Gelehrten haben berichtet, dass es sogar unter den Gefährten (Şaĥābah), Allahs Wohlgefallen auf ihnen, diesbezüglich Meinungsverschiedenheit gab.
Muĥammad Ibn Naşr al-Marwazī hat gesagt: „Wir haben nun ausführlich über die Aussagen jener berichtet, die denjenigen zum Ungläubigen erklärt haben, der das Gebet absichtlich unterlassen hat. Außerdem haben wir auch ihre Beweise dafür zitiert. Dies ist die Sichtweise der meisten Leute des Ĥadīths. Es hat ihnen jedoch eine andere Gruppe von Ĥadīth-Wissenschaftlern diesbezüglich widersprochen und haben sich geweigert, denjenigen zum Ungläubigen zu erklären, der das Gebet unterlassen hat, außer er tat dies aus Leugnung, Stolz, Überheblichkeit, Weigerung und Sturheit, denn dann ist er ungläubig geworden. Einige von ihnen haben gesagt: Das Urteil bezüglich demjenigen, der das Gebet unterlassen hat, ist wie das Urteil bezüglich demjenigen, der andere Pflichten unterlassen hat, wie das Entrichten von Zakah, das Fasten von Ramadan und das Durchführen der Pilgerfahrt. Sie sagten weiter: Denn die Berichte, die über den Unglauben desjenigen überliefert wurden, der das Gebet unterlassen hat, sind analog zu den Berichten über den Unglauben desjenigen, der andere Sünden begangen hat.“ [Ta’dhīm Qadr aş-Şalah, 2/932-938, Verlag: Maktabat ad-Dār bi l-Madīnah al-Munawwarah, erste Ausgabe].
Ibn al-Mundhir hat gesagt: „Die Gelehrten sind sich uneins bezüglich demjenigen, der das Gebet absichtlich und ohne Grund unterlässt, bis ihre Zeit verstreicht. Eine Gruppe von Gelehrten hat gesagt, dass er Ungläubig sei. Dies ist die Aussage von Ibrāhīm an-Nacha’ī, Ayyūb aş-Şakhtayānī, Ibn al-Mubārak, Aĥmad und Işĥāq. Aĥmad hat gesagt: „Niemand wird wegen einer Sünde ungläubig, außer derjenige, der das Gebet absichtlich unterlässt.“
Derjenige, der das Gebet unterlässt, bis die Zeit des nächsten Gebets eintrifft, wird dreimal aufgefordert, zu bereuen. Dies sagten Şulaimān Ibn Dāwūd, Abū Khaythamah und Abū Bakr Ibn Abī Schaibah.
Eine andere Gruppe von Gelehrten hat gesagt: Er wird aufgefordert zu bereuen. Entweder er bereut oder er wird hingerichtet. Doch auch diese Gruppe von Gelehrten hat ihn nicht als Ungläubigen erklärt. Dies ist die Aussage von Makĥūl, Mālik, Ĥammād Ibn Zaid und asch-Schāfi’ī.
Asch-Schāfi’ī hat gesagt: „Es wurde gesagt, dass derjenige, der das Gebet unterlässt, dreimal aufgefordert wird, zu bereuen. Dies ist, wenn Allah so will, auch besser so. Entweder er betet dann oder er wird hingerichtet.“
Dann gibt es in dieser Angelegenheit auch eine dritte Aussage: Sie lautet, dass derjenige, der das Gebet absichtlich unterlässt, geschlagen und eingesperrt wird. Dies ist die Aussage von az-Zuhrī. Az-Zuhrī wurde über eine Person befragt, der das Gebet unterlässt. Er antwortete: „Wenn er das Gebet unterlassen hat, weil er neben dem Islam eine andere Religion erfunden hat, wird er hingerichtet. Wenn er jedoch ein Frevler ist, wird er feste geschlagen und eingesperrt.“ An-Nu’mān hat gesagt: „Er wird geschlagen und eingesperrt, bis er wieder betet.“
Neben dem, was wir bereits erwähnt haben, gibt es noch drei weitere Aussagen von drei Gruppen von Gelehrten:
Die erste Gruppe sagt: Er ist ein Frevler. Er ist also weder ein Gläubiger (Mu`min) noch ein Ungläubiger (Kāfir), der ewig im Höllenfeuer sein wird, wenn er nicht bereut.
Die andere Gruppe sagt: Er ist ungläubig bezüglich Allah, den Allgewaltigen, geworden, sodass sein Blut vergossen und sein Vermögen gepfändet werden darf.
Die letzte Gruppe sagt: Er verdient es, als Ungläubig bezeichnet zu werden, wenn er kein einziges Gebet verrichtet hat und dann stirbt. Denn mit der Aussage des erhabenen Allahs, "und verrichtet das Gebet" [al-An’ām 6:72], sind alle Gebete damit gemeint. Wer also den Islam annimmt und kein einziges Gebet verrichtet und dann stirbt, stirbt als Ungläubiger. Und wer in seinem Leben zumindest einige Gebete verrichtet hat, darf nicht mit dieser Bezeichnung bezichtigt werden.“ [al-Ischrāf ‘Alā Madhāhib Ahlu l-‘Ilm, 410-417].
Abū ‘Uthmān Işmā’īl aş-Şābūnī hat in seinem Buch „Der Glaube der Şalaf und der Leute des Ĥadīths“ gesagt: „Die Leute des Ĥadīths sind sich uneins über den Muslim, der sein Gebet absichtlich unterlässt. Aĥmad Ibn Ĥanbal und eine Gruppe von Şalaf-Gelehrten, möge Allah mit ihnen gnädig sein, haben diesen zum Ungläubigen erklärt. Sie haben ihn aus dem Kreis des Islams verstoßen und stützen sich dabei auf den authentischen Ĥadīth: „Zwischen dem Diener und dem Schirk (Allah Partner beigesellen) steht die Unterlassung des Gebets. Wer das Gebet unterlässt, ist ungläubig geworden.“
Asch-Schāfi’ī, seine Gefährten und eine Gruppe der Şalaf-Gelehrten, möge Allah mit ihnen allen gnädig sein, hingegen sind hingegangen und haben gesagt, dass er dadurch nicht zum Ungläubigen wird, solange er glaubt, dass das Gebet verpflichtend ist. Er wird nur dann hingerichtet, wenn er das Gebet aus Leugnung unterlässt, so wie jemand, der, wenn er von seiner Religion abkehrt, hingerichtet wird, denn der erhabene Allah hat über Yūşuf berichtet, dass er sagte: "Verlassen habe ich das Glaubensbekenntnis von Leuten, die nicht an Allah glauben, und (verlassen habe ich) sie, die sie das Jenseits verleugnen." [Yūşuf :37]. Er hat also dieses Glaubensbekenntnis verlassen, nicht weil er sich bezüglich ihres Unglaubens unsicher war, sondern weil er es klar geleugnet hat.“ [I’tiqād aş-Şalaf wa Aşĥāb al-Ĥadīth, 278-279, Verlag: Dār al-‘Āşimah].
Ibn Ĥazm hat berichtet, dass es sogar unter den Gefährten des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, Meinungsverschiedenheit diesbezüglich gegeben hat. Er sagte: „Eine Gruppe von Gelehrten ist hingegangen und hat gesagt, dass ein Muslim weder ungläubig wird noch frevelt, wenn er bezüglich der Angelegenheiten des Glaubens oder der Fatwah mit einer bestimmten Aussage spricht. Denn jeder, der sich in einer Sache anstrengt (Idjtihād) und sich dann der Sache unterwirft, von der er überzeugt ist, dass es die Wahrheit ist, wird auf jeden Fall dafür belohnt werden. Wenn er dabei die Wahrheit getroffen hat, wird er dafür doppelt belohnt werden und wenn er einen Fehler begangen hat, wird er nur einmal dafür belohnt werden. Dies ist die Aussage von Abū Lailah, Abū Ĥanīfah, asch-Schāfi’ī, Şufyān ath-Thaurī und Dāwūd Ibn ‘Alī, Allahs Wohlgefallen auf ihnen. Dies ist die Aussage von allen Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen, bei denen wir wissen, dass sie bezüglich dieser Thematik etwas gesagt haben. Wir kennen keine Meinungsverschiedenheit unter ihnen diesbezüglich, außer was wir an Meinungsverschiedenheit unter ihnen erwähnt haben bezüglich des Ungläubig erklären desjenigen, der das Gebet absichtlich unterlässt, bis ihre Zeit verstreicht oder der das Entrichten der Zakah und das Fasten in Ramadan unterlässt oder der, der Alkohol trinkt. Wir werden nun, wenn Allah will, einige Beweise derjenigen zitieren, die jemanden zum Ungläubigen erklären, der bezüglich den Angelegenheiten des Glaubens etwas anderes sagt.“ [al-Faşl, 3/138, Verlag: al-Khānidjī].
Scheich al-Işlām Ibn Taimiyah hat folgende Aussage von Işĥāq zitiert: „Und Işĥāq sagte: „Wer das Gebet absichtlich unterlässt, bis die Zeit des Dhuhr-Gebets verstreicht und die Zeit des Maĝreb-Gebets beginnt oder bis die Zeit des Maĝreb-Gebets verstreicht und bereits die erste Hälfte der Nacht verstrichen ist, der ist ungläubig geworden bezüglich Allah, den Allgewaltigen. Er wird drei tagelang aufgefordert, zu bereuen. Wenn er nicht (zum Gebet) zurückkehren will und sagt, dass das Unterlassen des Gebets kein Unglaube sei, wird sein Kopf abgeschlagen.“ Er sagte weiter: „Wenn er das Gebet dann doch verrichten sollte, aber weiterhin dasselbe sagt (also das Unterlassen des Gebets kein Unglaube sei), so ist dies eine Angelegenheit des Idjtihāds (Anstrengung).“ Außer denjenigen, die sich der Gemeinschaft entgegengestellt haben und den verschiedensten Gelüsten gefolgt sind. Dies sind Leute, um die sich Allah nicht kümmern wird, da sie sich der Gemeinschaft entgegengestellt haben.“ [Madjmū‘ al-Fatāwah, 7/308-309].
In „Şunnan ad-Dārimī“, Kapitel „Tārik aş-Şalah“ sagte Imām ad-Dārimī kommentierend den Ĥadīth von Djābir: Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Zwischen dem Diener und dem Schirk (Allah Partner beigesellen) oder dem Unglauben steht die Unterlassung des Gebets.“ Abū Muĥammad hat gesagt: „Wenn der Diener dies ohne Entschuldigung und ohne Grund unterlässt, dann muss zu ihm gesagt werden: In ihm steckt Unglaube, jedoch darf er nicht des Unglaubens bezichtigt werden.“
Und Allah weiß es am besten!