Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān überlieferte: „Als ich einmal mit Şa’īd Ibn Djubair war, fragte er: „Wer von euch sah den Leuchtkörper gestern Nacht, der hinunter fiel?“ Ich antwortete: „Ich habe ihn gesehen“, und erklärte danach, dass ich zu dieser Zeit nicht beim Gebet war, weil ich von einem giftigen Skorpion gestochen wurde. Er sagte: „Was hast du dann getan?“ Ich erwiderte: „Ich wendete Ruqyā an, um (die Wunde) zu heilen!“ Er sagte: „Was brachte dich dazu, dies zu tun?“ Ich erwiderte: „Ein Ĥadīth, den ich von asch-Scha’bī hörte.“ Er fragte: „Welchen Ĥadīth überlieferte Scha’bī?“ Ich erwiderte: „Er berichtete von Buraidah Ibn al-Ĥuşaib, welcher sagte: „Es gibt keine Ruqyā, außer für die Behandlung vom bösen Blick (al-‘Ayn) und einem (giftigen) Stich.“ Er (Şa’īd Ibn Djubair) sagte: „Er tat gutes, daran anzuhalten, das er hörte (d.h. sich gemäß dem Wissen im Gegensatz zum Unwissen zu verhalten). Jedoch überlieferte uns Ibn ‘Abbāş, dass der Gesandte, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Alle Völker wurden mir vorgezeigt und ich sah einen Propheten mit einer kleinen Gruppe und einen Propheten mit zwei oder drei Leuten und einen Propheten ohne jemanden. Dann sah ich eine große Menge an Leuten, die ich für mein Volk (Ummah) hielt. Aber mir wurde gesagt, dass diese von Mūşā (Moses) und seinem Volk waren. Später erschien eine größere Gruppe und mir wurde gesagt, dass dies mein Volk war. Unter ihnen waren siebzigtausend, die das Paradies ohne Abrechnung oder Strafe betreten würden.“ Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, stand daraufhin auf und ging in sein Haus und die Leute fingen an, darüber zu diskutieren, wer diese (siebzigtausend) sein könnten. Manche sagten: „Möglicherweise sind sie die Gefährten des Propheten Allahs.“ Andere sagten: „Möglicherweise gehören sie zu jenen, die im Islam geboren wurden und daraufhin Allah niemals Partner zur Seite gesetzt haben.“ Und während sie auf dieser Weise ihre Ansichten austauschten, kam der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hinaus, und wurde über das Gesagte informiert. Er sagte: „Es sind jene, die sich weder mit Ruqyā behandeln, noch an gute und schlechte Omen glauben oder sich kauterisieren (Haut zur Blutstillung usw. ausbrennen bzw. anätzen) sondern ihr Vertrauen (nur) in ihren Herrn setzen.“ Daraufhin stand ‘Ukāschah Ibn Miĥşan auf und sagte (zum Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken): „Bitte Allah darum, mich zu einem von ihnen zu machen.“ Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Du bist einer von ihnen.“ Dann stand ein anderer Mann auf und sagte: „Bitte Allah darum, mich zu einem von ihnen zu machen.“ Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Ukāschah ging dir voraus.“[1]
_____________________________
Der Scheikh, möge Allah mit ihm gnädig sein, führte diesen Ĥadīth in Kapitel „Wer den Tauĥīd verwirklicht, wird das Paradies ohne Abrechnung betreten“ auf, nachdem er zuvor einige Verse erwähnt hatte. Denn dieser Ĥadīth ist für denjenigen, der den Tauĥīd umgesetzt hat. Außerdem wird darin erwähnt, welche Wohltat Allah ihm deshalb erweisen wird. Wir haben bereits kennengelernt, was es bedeutet, den Tauĥīd zu verwirklichen, nämlich dass man den Tauĥīd befreit von allem Makel des großen und kleinen Schirk, von den Neuerungen und allen erdenklichen Vergehen. Dies ist der Rang der Wetteiferer um das Gute in dieser Ummah.
Der Scheikh sagte: „Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān überlieferte.“ Dieser war ein vertrauenswürdiger Tābi’ī gewesen. „Als ich einmal mit Şa’īd Ibn Djubair war […].“ Şa’īd Ibn Djubair gehört zu den großen Tābi’īn im Bezug auf Wissen, Frömmigkeit und Fiqh. Er gehörte zu den Schülern von Ibn ‘Abbāş, Allahs Wohlgefallen auf ihnen. Al-Ĥadjādj Ibn Yūşuf ath-Thuqafī ließ ihn umbringen, bevor er das fünfzigste Lebensalter erreicht hatte. Als er ermordet wurde, verlor die Ummah eines ihrer größten Gelehrten.
Er fragte also: „Wer von euch sah den Leuchtkörper gestern Nacht?“ Hier sprach er diejenigen an, die bei ihm anwesend waren. Er fragte sie nach einer Sternschnuppe, die die Teufel verfolgt, die verstohlen zuhören. Hiermit ist nicht gemeint, dass ein ganzer Stern hinunter fällt, sondern nur ein Sternsplitter.
Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān sagte: „Ich habe ihn gesehen.“ Dies zeigt, dass dieser Mann die letzte Nacht nicht geschlafen hat.
Er befürchtete, in Riyā` (Augendienerei) zu verfallen und sagte deshalb direkt danach, dass er „zu dieser Zeit nicht beim Gebet war“. Das soll heißen: Glaubt nicht, dass ich die ganze Nacht wach war, weil ich das freiwillige Nachtgebet verrichtet habe. Er befürchtete, in Riyā` (Augendienerei) zu verfallen und dass er für eine Sache gelobt wird, die er nicht getan hat. Dies ist ein Zeichen der Frömmigkeit der Şalaf gewesen und dass sie sich stets davor in Acht genommen haben, in Augendienerei oder Selbstlob zu verfallen. Denn dies hebt ja bekanntlich die Aufrichtigkeit (Ikhlāş) auf.
Seine Aussage: „Weil ich von einem giftigen Skorpion gestochen wurde.“ Das bedeutet: Der Grund, warum ich die Nacht wach war und deshalb die Sternschnuppe sehen konnte ist, weil ich von einem giftigen Skorpion gestochen wurde.
Seine Aussage, „Was hast du dann getan?“ zeigt, dass es normalerweise üblich ist, dass derjenige, der von einem giftigen Skorpion gestochen wurde, sich behandeln lässt.
Und seine Aussage, „Ich wendete Ruqyā an“, bedeutet: Ich bat darum, dass mir jemand mit dem Qur`ān Ruqyā macht. Ar-Ruqyā bedeutet, dass auf denjenigen, der krank ist oder einen giftigen Biss erlitten hat, der Qur`ān und Bittgebete gelesen werden und dann auf die Stelle gepustet wird, wo er gebissen wurde oder den Schmerz verspürt.
Dies ist die beste Behandlungsweise, wenn es aus Überzeugung durchgeführt wird, sei es vom demjenigen, der die Ruqyā macht oder auch von demjenigen, für den die Ruqyā gemacht wird. Denn der erhabene Allah hat diesen Qur`ān sowohl als Heilung für die physischen Krankheiten gemacht, wie die Krankheiten des Schirk, der Heuchelei und der Sünden, als auch als Heilung für Krankheiten, die tatsächlich empfunden werden, wie körperliche Krankheiten. Denn der Qur`ān ist das Wort Allahs, Erhaben ist Er. Der erhabene Allah sagte: "Und Wir offenbaren vom Qur`ān, was für die Gläubigen Heilung und Barmherzigkeit ist; den Ungerechten aber mehrt es nur den Verlust."[2] Somit ist die Ruqyā zulässig. Denn auch der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat Ruqyā angewandt und auch ihm, möge Allah ihn loben und Heil schenken, wurde Ruqyā gemacht. Ihm hat Djibrīl Ruqyā gemacht, als er verhext wurde. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat einigen seiner Gefährten Ruqyā gemacht. Somit ist die Ruqyā mit dem Qur`ān und den Bittgebeten eine Sache, die zulässig ist.
Seine Aussage, „Was brachte dich dazu, dies zu tun?“, zeigt, dass die Şalaf stets nach den Beweisen für ihre Handlungen und Aussagen gefragt haben. Derjenige, der mit einer Sache spricht oder etwas tut, wird aufgefordert, den Beweis für die Zulässigkeit seiner Aussage oder seiner Tat zu erbringen, das heißt, eine Erlaubnis aus dem Qur`ān und aus der Şunnah. Dies war die Gepflogenheit der Şalaf, möge Allah mit ihnen gnädig sein. Sie ließen sich auf keine Sache ein, bis ihnen dafür der Beweis aus dem Buche Allahs und aus der Şunnah Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, erbracht wurde, vor allem im Bezug auf Heilungsmethoden. Denn das Innere Ich (Naffs) hält sich an allem fest, was ihr die Heilung bringen könnte, auch wenn diese Sache nicht legitim ist.
Şa’īd Ibn Djubair, möge Allah mit ihm gnädig sein, hatte Angst um solche Sachen. Dies ist ein Beweis dafür, dass nur die Heilungsmethoden erlaubt sind, die im Buche Allahs und in der Şunnah Seines Gesandten, begründet sind. Was jedoch das Aufsuchen der Scharlatane, der Betrüger und Magier anbetrifft, so ist dies ausnahmslos verboten. Es kann sogar zum großen Schirk führen, der diese Person aus dem Kreis des Islams verbannt. Wie zum Beispiel, wenn diese Peron ein Opfertier für einen anderen neben Allah darbringt, oder seine Bittgebete an einen anderen neben Allah richtet, oder die Djin und die Teufel um Hilfe bittet und so weiter. All das sind Dinge, die eine Person aus dem Kreis des Islams verbannen. Auch wenn wir davon ausgehen würden, dass er danach geheilt wär, was bringt ihm das? Sein Körper ist geheilt, doch seine ‘Aqīdah ist verloren. Dies ist eine ernste und gefährliche Angelegenheit. Man muss sich davor hüten.
Seine Aussage: „Ein Ĥadīth, den ich von asch-Scha’bī hörte.“ Das bedeutet: Das ist der Beweis für meine Tat. Asch-Scha’bī ist ‘Āmir Ibn Schurāĥīl, ein bedeutender Gelehrter der Tābi’īn.
„Er fragte: „Welchen Ĥadīth überlieferte Scha’bī?“ Ich erwiderte: „Er berichtete von Buraidah Ibn al-Ĥuşaib.““ Buraidah Ibn al-Ĥuşaib al-Aşlamī ist ein Gefährte des Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Dieser Tābi’ī asch-Scha’bī berichtet über diesen Şaĥābī.
Seine Aussage: Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Es gibt keine Ruqyā, außer für die Behandlung vom bösen Blick (al-‘Ayn) und einem (giftigen) Stich.“ [3 ] Es gibt keine Ruqyā bedeutet, dass es keine Ruqyā gibt, die nützlicher und heilender ist, außer für die Behandlung vom bösen Blick. Dieser böse Blick wird von manchen Menschen durch Neid verursacht. Wenn solch ein Mensch eine Sache anschaut, verunglückt oder erkrankt diese, da seine Blicke giftig sind. Dies gehört zu den sonderbaren Dingen, die der erhabene Allah erschaffen und bestimmt hat. Er gewährt es, dass manche Blicke giftig sind. Wenn solch ein Mensch eine Person, ein Tier oder etwas anderes anschaut, verunglücken (oder erkranken) diese durch die Erlaubnis des erhabenen Allahs.
Der böse Blick ist wahr, so wie es im Ĥadīth überliefert wurde, wo darin der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Der böse Blick ist wahr! Und wäre es möglich, dass etwas der göttlichen Fügung (al-Qadar) zuvorkommt, dann wäre es gewiss der böse Blick gewesen.“[4] Dieser Ĥadīth steht im Şaĥīĥ. Ein Mann wurde in der Zeit des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, vom bösen Blick getroffen. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, bat vom demjenigen, der den bösen Blick verursacht hatte, sich zu waschen. Daraufhin nahm er das Wasser, mit dem dieser sich wusch und goss es über den betroffenen durch den bösen Blick. Dieser wurde danach durch die Erlaubnis Allahs geheilt. Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte danach: „Der böse Blick ist wahr! Und wenn ihr aufgefordert werdet, die Gebetswaschung vorzunehmen, damit diese Person vom Einfluss des bösen Blickes geheilt wird, dann nimmt die Gebetswaschung vor.“[5] So sieht also die Heilmethode gegen den bösen Blick. Man bittet denjenigen, der diesen bösen Blick verursacht hat, die Gebetswaschung zu vollziehen. Danach wird dieses Wasser, welches er für seine Waschung benutzt hat, auf denjenigen gegossen, der von diesem bösen Blich getroffen wurde. Dadurch wird er dann durch die Erlaubnis Allahs geheilt, so wie es der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, gemacht hat. Zur Heilungsmethode durch Ruqyā gehört aber auch, dass auf denjenigen, der vom bösen Blick getroffen wurde, die Suren al-Fātiĥah und al-Mu’awidhatain (Fallaq und an-Nāş) gelesen werden.
Seine Aussage: „[…] und einem (giftigen) Stich.“ Das ist die entscheidende Stelle in diesem Ĥadīth, weshalb auch Ĥuşşain, möge Allah mit ihm gnädig sein, Ruqyā angewandt hat.
Dann seine Aussage: „Es gibt keine Ruqyā, außer für die Behandlung vom bösen Blick (al-‘Ayn) und einem (giftigen) Stich.“[6] Die Gelehrten haben gesagt: Dies ist aus der Sicht der Bekräftigung gemeint und nicht aus der Sicht der Einschränkung. Die Ruqyā kann neben dem bösen Blick und dem giftigen Stich auch bei anderen Krankheiten sehr nützlich sein. Doch am effektivsten wirkt es bei diesen beiden Krankheiten, beim bösen Blick und beim giftigen Stich. Was alle anderen Krankheiten anbetrifft, so kann die Ruqyā durch die Erlaubnis Allahs auch hier Heilung bringen. Dieser Satz ist eine Einschränkung, die nicht allgemeingültig ist (al-Ĥaşşr an-Nişbī) und eine Bekräftigung zugleich. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte in einem anderen Ĥadīth: „Es gibt kein Ribā (Wucher, Zinsen), außer bei an-Naşī`ah (Zins bei Darlehen).“[7] Bekanntlich gibt es aber auch eine andere Form von Ribā, nämlich Ribā al-Fadl (Zins bei Kaufgeschäften). Die Bedeutung des Ĥadīths „Es gibt kein Ribā, außer bei an-Naşī`ah“, bedeutet also folglich, dass es kein Ribā gibt, dass gewaltiger und verhängnisvoller ist, als Ribā an-Naşī`ah. Diese Form des Ribā ist schlimmer, als Ribā al-Fadl, denn sie ist die Ribā der Vorislamzeit. Dieser Ĥadīth darf also nicht aus der Sicht der Einschränkung betrachtet werden, sondern aus der Sicht der Einschränkung, die nicht allgemeingültig ist.
Als Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān den Beweis für seine Tat erbracht hat, sagte zu ihm Şa’īd Ibn Djubair: „Er tat gutes, daran anzuhalten, das er hörte.“ Er lobte ihn und seine Vorgehensweise, und erklärte ihm, dass seine Handlung erlaubt und zulässig sei. Denn er brachte einen authentischen Beweis über den Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Deshalb verhielt sich Şa’īd gegenüber diesem Ĥadīth respektvoll. Er hat sich nicht so verhalten, wie es einige dieser Unwissenden tun, wenn ihnen ein Ĥadīth vorgelegt wird, der nicht ihren Gelüsten oder ihrem Madhhab entspricht. Sie gehen dann hin und fechten diesen Ĥadīth mit allen Mitteln an und kritisieren die Überlieferer, auch wenn dieser Ĥadīth in Bukhārī steht. Sie sagen, dass es in Bukhārī Aĥādīthe gibt, die für sie nicht richtig sein können, auch wenn diese der Gesandte, möge Allah ihn loben und Heil schenken, gesagt hat. Dies haben einige Schriftsteller gesagt. Es ist jedoch eine gefährliche Sache.
Als Şa’īd Ibn Djubair den Ĥadīth vom Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hörte, sagte er: „Er tat gutes, daran anzuhalten, das er hörte.“ Dies ist die Gepflogenheit der Gelehrten. Und dies war auch die Gepflogenheit der Şaĥābah, Allahs Wohlgefallen auf ihnen alle, und die Gepflogenheit der Tābi’īn und all den führenden Gelehrten. Sie alle haben sich respektvoll benommen, wenn zu ihnen etwas vom Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, gelangt war.
Seine Aussagen, „Jedoch überlieferte uns Ibn ‘Abbāş“ bedeutet, dass Şa’īd Ibn Djubair einen anderen Beweis hat. Das umsetzen dieses Beweises ist vortrefflicher, als das umsetzen des Ĥadīths von Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān. Das Umsetzen des Ĥadīths von Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān ist zweifellos etwas Gutes, doch existiert hier etwas Gutes und etwas, was besser war. Er wollte ihn von einer guten Sache zu einer besseren führen.
Er sagte: „Jedoch überlieferte uns Ibn ‘Abbāş, dass der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Alle Völker wurden mir vorgezeigt.“ Dies ist eines der Wunder des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, indem ihm alle Völker vorgezeigt wurden. Das bedeutet: Ihm wurden alle vergangenen Völker vorgezeigt. Es wurde erwähnt, dass es in der Nacht von „Işrā` und Mi’rādj“ war.
„Und ich sah einen Propheten und mit ihm ar-Rihţ (übersetzt: „mit einer kleinen Gruppe“).“ Ar-Rihţ bedeutet, eine Gruppe, bestehend aus weniger als zehn Personen. Das heißt, dass ihm aus seiner Ummah weniger als zehn Personen gefolgt sind. Der Rest der Ummah hat an ihm nicht geglaubt.
„Und einen Propheten mit zwei oder drei Leuten.“ Das ist noch weniger. Von seinen Leuten haben ihm nur zwei oder drei gefolgt. Der Rest lehnte es ab, an Allah und Seinen Gesandten zu glauben.
„Und einen Propheten ohne jemanden.“ Es gibt Propheten, die von allen ihren Leuten geleugnet wurden. Nicht ein einziger ist ihnen gefolgt. Hierin ist ein Beweis, dass die Vielzahl kein Beleg ist. Nur jene dürfen als Beleg hinzugezogen werden, die sich auf der Wahrheit befinden und die Beweise auf ihrer Seite haben, auch wenn sie nur wenige sind. Auch wenn es nur eine einzige Person ist! Derjenige, der sich auf der Wahrheit befindet und die Beweise aus dem Buche Allahs und aus der Şunnah Seines Gesandten auf seiner Seite hat, seine Aussage wird angenommen und ihm wird gefolgt. Derjenige jedoch, der den Beweisen widerspricht, darf nicht als Beweis herangezogen werden, auch wenn die Anzahl solcher Leute groß ist. Der erhabene Allah sagte über Nūĥ (Noah): "Mit ihm glaubten aber nur wenige."[8] Er sagte auch: "Aber die meisten Menschen werden, auch wenn du noch so sehr (danach) trachtest, nicht gläubig sein."[9] Er, erhaben ist Er, sagte auch: "Wenn du den meisten von denen, die auf der Erde sind, gehorchst, werden sie dich von Allahs Weg ab in die Irre führen. Sie folgen nur Mutmaßungen, und sie stellen nur Schätzungen an."[10]
Die Vielzahl ist kein Maß, um die Wahrheit zu treffen. Auch darf man sich nicht damit täuschen lassen. Es kann vorkommen, dass die Mehrzahl sich auf der Falschheit befindet. Wenn eine Mehrheit entsteht und diese auch die Wahrheit trifft, dann ist das gut. Doch wenn es lediglich eine Mehrheit ist, ohne Wahrheit, dann nicht. Wir dürfen uns der Wahrheit auch nicht verweigern, nur weil ihr so wenige folgen. Denn es gibt heutzutage Menschen, die, wenn sie auf ihre Fehler hingewiesen werden, sagen: „Hierauf befinden sich die meisten Menschen.“ Wenn du zum Beispiel zu ihm sagst, dass das Deuten der Eigenschaften Allahs verboten ist, sagt er: „Neun Zehntel der islamischen Welt, sind Aschā’irah, die die Eigenschaften Allahs deuten.“ Dies ist jedoch keine Entschuldigung vor Allah, dem Erhabenen, solange die Wahrheit erwiesen ist. Was jedoch der Werdegang der Menschen anbetrifft, so überlassen wir dies dem erhabenen Allah. Ein Muslim ist dazu verpflichtet, der Wahrheit zu folgen. Dabei darf er nicht arrogant werden, gegenüber der Tatsache, dass die Mehrheit ihm widerspricht oder ihn befürwortet. Eines der Propheten Allahs wird an seiner Seite weniger als zehn Leute haben. Ein anderer Prophet von den Propheten Allahs, wird nur ein oder zwei Personen neben ihm haben, die ihm gefolgt sind. Ein weiterer Prophet von den Propheten Allahs, wird niemanden an seiner Seite haben, der ihm gefolgt ist. Wir bitten Allah, uns darin erfolgreich zu machen, die Wahrheit zu sagen und mit ihr zu handeln und den Gelüsten und dem Teufel stets zu widersetzen.
Seine Aussage: „Dann sah ich eine große Menge an Leuten, die ich für mein Volk (Ummah) hielt.“ Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, dachte, dass diese große Menge seine Ummah wär. Denn er wird der Prophet sein mit der größten Gefolgschaft, möge Allah ihn loben und Heil schenken.
„Aber mir wurde gesagt, dass diese von Mūşā (Moses) und seinem Volk waren.“ Hierin liegt eine Huld für Mūşā, der mit Allah gesprochen hat, möge Allah ihm Heil schenken. Ihm ist eine große Anzahl aus seiner Ummah gefolgt. Sie haben an ihn geglaubt und sind ihm gefolgt. Er gehört nach unseren Propheten Muĥammad, möge Allah ihn loben und Heil schenken, zu den Propheten, die am meisten Gefolgschaft haben. Hierin liegt wieder eine Huld für Mūşā, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Dies deutet außerdem daraufhin, dass eine große Anzahl von den Kindern Israels an Mūşā geglaubt hat. Die Verfälschung und der Unglaube, sind erst nach der Zeit von Mūşā, möge Allah ihm Heil schenken, erschienen.
„Später erschien eine größere Gruppe.“ In einem anderen Wortlaut heißt es: „Doch schau hin zum Horizont.“ Dieser Wortlaut ist in Şaĥīĥ Muşlim verzeichnet. „Und mir wurde gesagt, dass dies mein Volk war. Unter ihnen waren siebzigtausend, die das Paradies ohne Abrechnung oder Strafe betreten würden.“ Diese Siebzigtausend gehören der Ummah von Muĥammad, möge Allah ihn loben und Heil schenken, an. Sie werden das Paradies betreten, ohne Abrechnung oder Strafe. Dies ist eine gewaltige Wohltat. Der Rest der Geschöpfe wird einer Abrechnung unterzogen werden. Es wird von ihnen einige geben, die einer leichten Abrechnung unterzogen werden. Andere wiederum werden einer harten Abrechnung unterzogen.
Die Gelehrten sind sich jedoch uneins darüber, ob auch die Ungläubigen einer Abrechnung unterzogen werden oder ob sie direkt ins Höllenfeuer geführt werden. Das, was Scheikh al-Islam Ibn Taimiyah, festgestellt hat ist - so wie es in „al-‘Aqīdah al-Wāşiţiyah“ steht - dass ihnen lediglich ihre Taten vorgelegt werden, ohne dass sie dabei einer Abrechnung unterzogen werden, wo ihre guten und schlechten Taten gewogen werden. Denn sie haben keine guten Taten. Ihnen werden ihr Unglaube und ihre ketzerischen Taten dargelegt, bevor dann schließlich befohlen wird, sie ins Höllenfeuer zu werfen. Möge Allah uns davor bewahren. Wenn sie gute Taten auf der Erde verrichtet haben, werden sie dafür auch auf der Erde entlohnt werden. Den Lohn für ihre guten Taten bekommen sie bereits vorzeitig vergolten. Denn Allah ist zu niemandem ungerecht. Was jedoch das Jenseits anbetrifft, so werden sie dort weder Vergütung noch Belohnung erhalten. Möge Allah uns davor bewahren.
„Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, stand daraufhin auf und ging in sein Haus“, ohne zu erklären, wer diese Siebzigtausend sein werden. Die Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen, haben diese Angelegenheit sehr ernst genommen, denn es war wahrlich eine gewaltige Angelegenheit. Sie fingen an, darüber zu diskutieren, wer diese siebzigtausend sein könnten.
Seine Aussage: „Und die Leute fingen an, darüber zu diskutieren, wer diese (siebzigtausend) sein könnten.“ Das heißt, sie haben versucht herauszufinden, wer diese siebzigtausend nur sein könnten. Dies zeigt wiederum die Bemühungen der Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen, nach dem Guten zu suchen. Ihre Sorge galt dem Jenseits und nicht den Angelegenheiten dieser Welt. Sie haben den weltlichen Dingen nicht ihre ganze Aufmerksamkeit geschenkt. Dies steht im Gegensatz zu den restlichen Erdenbewohnern, die, wenn sie von einer Handelsware hören, anfangen nur noch darüber zu diskutieren und dabei die Angelegenheiten des Jenseits vergessen.
Seine Aussage: „Manche sagten: „Möglicherweise sind sie die Gefährten des Propheten Allahs.““ Denn die beste Gemeinschaft ist die der Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen. Niemand kann in der Gunst mit den Gefährten gleichziehen. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Beschimpft nicht meine Gefährten! Denn, auch wenn einer von euch so viel Gold wie der Berg von Uĥud spenden würde, würde er nie ein Mudd[11] an Leistung von einem von ihnen erreichen; auch nicht einmal die Hälfte davon!“
Die Gefährten, Allahs Wohlgefallen auf ihnen, sind also die besten dieser Gemeinschaft, niemand kann in der Gunst mit ihnen gleichziehen. Denn sie waren die ersten, die den Islam angenommen haben und jene, die den Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, begleitet und mit ihm für die Sache Allahs gekämpft haben. Sie haben sich selbst und ihr Eigentum für die Sache Allahs geopfert. Deshalb sagten sie: „Möglicherweise sind sie die Gefährten.“ Denn sie kannten niemanden, der besser war als die Gefährten des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken.
Seine Aussage: „Andere sagten: „Möglicherweise gehören sie zu jenen, die im Islam geboren wurden und daraufhin Allah niemals Partner zur Seite gesetzt haben.““ Das bedeutet: Diejenigen Kinder der Muslime, die geboren wurden, nachdem der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, entsandt wurde. Denn diese Kinder sind auf der richtigen natürlichen Anlage (Fittrah) geblieben, indem sie an Allah und Seinen Gesandten glaubten und niemals Schirk begangen. Hierin ist gewiss eine Gunst für denjenigen, der vom Schirk verschont blieb. Derjenige, der in Schirk fällt und dann aber bei Allah um Vergebung bittet, dem wird Allah auch vergeben. Er kann sogar zu den besten Muslimen werden, da seine Reue all das ausgelöscht hat, was vorher war. Der erhabene Allah sagt: "Sag zu denen, die ungläubig sind: Wenn sie aufhören, wird ihnen vergeben, was bereits vergangen ist."[12] Doch die Gefährten glaubten, dass diejenigen, die im Islam geboren waren und Allah niemals Partner beigesellten, diejenigen sind, auf den sich dieser Ĥadīth bezieht. Das zeigt auch, wie wichtig es ist, auf die Kinder zu achten, aber auch auf ihre natürliche Anlage. Man muss sie mit dem Islam und dem Tauĥīd erziehen und ihre ‘Aqīdah bessern. Denn viele Leute heutzutage interessiert die ‘Aqīdah nicht. Sie sagen, dass die Angelegenheiten der ‘Aqīdah einfach sei und dass die Leute frei sein sollten in ihrer ‘Aqīdah. Sie interessiert der Schirk nicht. Sie sagen, dass dies lediglich eine Idjtihād-Angelegenheit sei. Sie interessiert auch nicht der Ruf zum Tauĥīd und die Warnung vor dem Schirk oder dem bessern der ‘Aqīdah.
Ihre Aussage also, „möglicherweise gehören sie zu jenen, die im Islam geboren wurden und daraufhin Allah niemals Partner zur Seite gesetzt haben“, zeigt die allgegenwärtige Gefahr des Schirk und dass es lange nicht ausreicht, lediglich im Islam geboren zu sein. Man muss sich vor dem Schirk hüten. Und das kann man nur, wenn man den Schirk kennt und die Wege, die dahin führen. Denn nur dann kann man sich davor in Acht nehmen und sich schützen. Derjenige jedoch, der unwissend ist bezüglich einer Sache, der kann in diese Sache geraten, weil er es einfach nicht kennt. Deshalb sagte auch ‘Ummar Ibn al-Khattāb, Allahs Wohlgefallen auf ihn: „Der Bund des Islams wird nach und nach aufgelöst werden, wenn im Islam Leute aufwachsen, die die Djāhiliyyah (Vorislamzeit) nicht kennen.“ Und Ĥudhaifah Ibn al-Yamān, Allahs Wohlgefallen auf ihm, sagte: „Die Menschen pflegten den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, über die guten Dinge zu befragen, und ich pflegte ihn über das Übel zu befragen, weil ich befürchtete, dieses zu begehen.“ Dies ist wahrlich eine ernste Angelegenheit, nämlich das Achtgeben auf die ‘Aqīdah und die Furcht vor dem Schirk. Denn derjenige, der sich vor etwas fürchtet, der läuft davon weg. Und er kann erst dann davon weglaufen, wenn er weiß, woher dieser Feind kommt und wo er ihn bestimmt vorfinden wird. Somit ist dies eine ernste Angelegenheit.
Seine Aussage: „Und während sie auf dieser Weise ihre Ansichten austauschten, kam der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hinaus, und wurde über das Gesagte informiert.“ Sie haben ihn über die Dinge informiert, die sie untersucht haben und über die sie diskutierten. Sie berichteten ihn über ihren Idjtihād, den sie aufbrachten, um diese Angelegenheit besser zu verstehen. Hierin ist wiederum ein Beleg dafür, dass es islamisch erlaubt ist, wissenschaftliche Angelegenheiten zu erörtern und die Worte Allahs und die Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, näher zu untersuchen, um diese besser umsetzen zu können und um ein Vorteil daraus ziehen zu können.
Seine Aussage: „Er sagte: „Es sind jene, die sich nicht mit Ruqyā behandeln.“ Das bedeutet: Sie bitten andere nicht darum, für sie Ruqyā anzuwenden. Doch warum nicht? Weil das Bitten der Leute um Ruqyā beinhaltet auch das Fragen der Geschöpfe um ein Gefallen. Und das Fragen der Geschöpfe ist eine Art der Erniedrigung. Diese Leute hingegen, sind auf die Leute nicht angewiesen, sie verlassen sich allein auf Allah, Den Erhabenen. Dies gehört wahrlich zur Vollendung des Tauĥīds: Ein Mensch fragt andere nicht um ein Gefallen. Und der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat sogar von einigen seiner Gefährten den Eid abgenommen, keinen der Leute um einen Gefallen zu bitten. Deshalb war es so, dass wenn einen von ihnen seine Reitergerte[13] runterfiel, während er sich auf sein Ross befand, er niemandem darum bat, es für ihn wieder aufzuheben. Sie wollten nicht auf die Leute angewiesen sein. Doch was das Befragen der Gelehrten bezüglich den Dingen anbetrifft, bei denen man sich unsicher ist, so gehört dies nicht dazu. Im Gegenteil es ist sogar eine Pflicht. Der erhabene Allah hat gesagt: "So fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr (etwas) nicht wisst."[14] Das gilt natürlich nur dann, wenn eine Gegebenheit dies erfordert. Was jedoch das Befragen anbetrifft, bei dem man stur bleibt oder sich nur zeigen will bzw. den Befragten bloßzustellen will, so ist dies nicht erlaubt, da es nicht erforderlich ist. Im Gegenteil, man will mit solchen Fragen nur Anerkennung erlangen und zeigen, dass man wissender ist, als der Befragte. Das ist nicht erlaubt. Was das Fragen (oder auch Betteln) nach Geld anbetrifft, so ist dies nur dann erlaubt, wenn es wirklich erforderlich ist. Hier kann man die Leute fragen, bis diese Not vorüber ist. Was das Fragen der Leute nach Geld anbetrifft, obwohl man nicht darauf angewiesen ist, so ist dies verboten. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Wer bei den Menschen bettelt, um Reichtümer anzuhäufen, der ist so, als ob er um eine glühende Kohle fragt. So soll er nach wenig fragen oder nach viel.“
Seine Aussage: „Es sind jene, die sich nicht […] kauterisieren[15].“ Das heißt, sie fragen andere nicht darum, sie mit Feuer zu kauterisieren, um geheilt zu werden.
Das Kauterisieren mit Feuer ist eine medizinische Heilungsmethode. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Es gibt Heilbehandlungen durch drei Dinge: Durch ein Getränk aus Bienenhonig, durch einen Eingriff für den Aderlass (Ĥidjāmah) und durch Kauterisierung.“ In einem anderen Wortlaut sagte er weiter: „Und ich verabscheue das Kauterisieren.“ Das Kauterisieren ist bei Bedarf als Heilmethode erlaubt. Doch wenn du andere darum bittest, es für dich zu tun, dann ist es unerwünscht, da auch hier wieder Menschen um einen Gefallen gefragt werden. Doch auch das Kauterisieren selbst ist unerwünscht, da es Qualen mit Feuer beinhaltet.
Seine Aussage: „Es sind jene, die […] nicht […] an gute und schlechte Omen glauben.“ Hiermit sind die verschiedenen Omen gemeint, wie Vögel (at-Taţayyur) und andere. Man hat früher seine Entscheidung davon abhängig gemacht, in welche Richtung ein Vogel fliegt, dass man zuvor freigelassen hatte. Was jedoch der Optimismus anbetrifft, so ist dies erlaubt. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, mochte den Optimismus. Denn Optimismus beinhaltet das gute Denken über Allah und Pessimismus (durch das Verwenden von Omen) das schlechte Denken über Allah.
Somit haben diese Siebzigtausend solch eine Rangstufe verdient. Denn sie haben Dinge unterlassen, die verboten sind, wie das glauben an Omen oder auch unbeliebt (makrūh) sind, wie das Bitten anderer um Ruqyā und Kauterisierung. Sie haben es unterlassen, weil sie auf die Leute verzichten wollen und stattdessen allein auf den erhabenen Allah vertrauen (Tawakkul).
Wenn jedoch eine Person sich selbst oder andere mit Ruqyā behandelt, so hat dies auch der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, getan. Er hat sich selbst und andere mit Ruqyā behandelt, auch wurde er selbst mit Ruqyā behandelt. Somit ist dies nichts, was unbeliebt wäre.
Jetzt bleibt noch die Angelegenheit bezüglich der Behandlung mit Erlaubten, wie Tabletten zum Beispiel oder Kräuter oder operativen Eingriffen, oder auch das Entfernen von Geschwüren oder Missbildungen. Dies ist erlaubt und ist nichts, was unliebsam wäre. Denn der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Behandelt Krankheiten, aber behandelt sie nicht mit Verbotenem.“[16] Und seine Aussage: „Allah hat keine Krankheit herabkommen lassen, ohne dass Er für sie zugleich ein Heilmittel herabkommen ließ; Jene die Kenntnis davon haben wissen es, jene die keine Kenntnis davon haben wissen es nicht.“[17] Es gibt Gelehrte, die das Verwenden von Heilmittel als wünschenswert ansehen, es gibt aber auch Gelehrte, die es sogar als verpflichtend ansehen. Das Verwenden von Heilmittel, obgleich es Erlaubt, wünschenswert oder auch verpflichtend ist, so hebt dies nicht das Vertrauen auf Allah auf. Denn es gibt einige Unwissende, die sagen: „Lass die Heilmittel sein und vertrau allein auf Allah.“ Wir sagen: Das wahrnehmen der Mittel, die zur Verfügung stehen, widerspricht nicht dem Vertrauen auf Allah! Die verschiedenen Heilmethoden sind Mittel, die zur Verfügung stehen. Das Wahrnehmen solcher Mittel hat der erhabene Allah befohlen.
Seine Aussage: „Daraufhin stand ‘Ukāschah Ibn Muĥşan auf.“ ‘Ukāschah Ibn Muĥşan al-Aşşadī gehörte zu den Ersten, die den Islam angenommen haben. Er beteiligte sich an der Schlacht von Badr, aber auch an den anderen Ereignissen zusammen mit den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Er lebte länger als der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken und nahm teil an den Kriegen gegen die Stämme, die vom Islam abgefallen waren. Dort wurde er auch getötet, Allahs Wohlgefallen auf ihn.
„Er (‘Ukāschah Ibn Muĥşan) sagte (zum Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken): „Bitte Allah darum, mich zu einem von ihnen zu machen.““ Hierin ist ein Beweis für die Legitimität, Leute der Wohltat, die am Leben sind, darum zu bitten, für einen selbst Bittgebet zu machen. Denn dieser Gefährte bat den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, für ihn Bittgebet zu machen, worauf er zustimmte. Deshalb beweist dies, dass es legitim ist, von lebenden Rechtschaffenen um Bittgebet für einen selbst zu fragen.
„Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Du bist einer von ihnen.““ Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, berichtete ‘Ukāschah, dass er einer von den Siebzigtausend sei, die in das Paradies eintreten werden, ohne Rechenschaft und ohne Bestrafung. Und es geschah auch das, worüber der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, berichtet hatte, denn ‘Ukāschah starb als Märtyrer für die Sache Allahs, Erhaben ist Er. Hierin ist auch ein Beweis für das Prophetentum, da der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, davon berichtet hat, dass ‘Ukāschah zu den Siebzigtausend gehören wird und er starb den Märtyrertod für die Sache Allahs. Somit gehört auch er zur Schar der Märtyrer, die für die Sache Allahs ihr Leben ließen. Außerdem war er schließlich auch jemand gewesen, der zu den Ersten gehört hat, die den Islam angenommen haben und die an der Schlacht von Badr zusammen mit dem Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, teilnahmen.
„Dann stand ein anderer Mann auf und sagte: „Bitte Allah darum, mich zu einem von ihnen zu machen.“ Er, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Ukāschah ging dir voraus.““ Als hätte hier der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, gewusst, dass dieser Mann den Rang der Siebzigtausend nicht erreichen wird. Doch trotzdem konfrontierte er ihn nicht mit Worten, die ihn missfallen könnten. Es sagte zum Beispiel nicht: „Du verdienst solch einen Rang nicht“ oder „du gehörst nicht zu den Leuten dieses Ranges“. Dies gehört wahrlich zum guten Umgangston des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Er wählte Worte aus, die den Mann nicht verletzen, aber doch in ihrer Bedeutung angemessen waren. Deshalb sagte er: „Ukāschah ging dir voraus.“
Der Scheikh, möge Allah mit ihm gnädig sein, sagte in den Sachverhalten: „Hierin ist eine Verwendung der Mehrdeutigkeit (Ma’ārīd).“ Das bedeutet, dass andere Worte verwendet werden anstatt Worte, die unliebsam sind. Denn hätte er gesagt, dass er es nicht verdient hätte oder dass er solch einen Rang nie erreichen wird, dann wäre dieser Mann innerlich daran zu Grunde gegangen und wäre ganz verlegen gewesen. Aber der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, verhielt sich so, wie ihn der erhabene Allah beschrieben hat, als Er sagte: "Und du bist wahrlich von großartiger Wesensart."[18] Und Er, Erhaben ist Er, sagte über ihn auch: "Durch Erbarmen von Allah bist du mild zu ihnen gewesen; wärst du aber schroff und hartherzig, so würden sie wahrlich rings um dich auseinandergelaufen."[19]
Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, wusste, so wie ihn der erhabene Allah zuvor darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass dieser Mann zu solch einem Rang nicht gelangen wird. Doch wählte er trotzdem sanfte und freundliche Worte, die nicht verletzend sind, aus. Dies weist auf die Notwendigkeit der guten Umgangsform mit den Muslimen hin und dass man sie nicht mit schlechten Worten konfrontieren soll, die sie nicht mögen, auch wenn sie einen Fehler begangen haben. Mann soll sie mit guten Worten ansprechen, die sie mögen und die nicht verletzend sind.
Dies ist wahrlich ein besonderer Ĥadīth, der auf folgende Sachverhalte hinweist:
Erstens: Er weist auf die Legitimität des Anwendens von Ruqyā hin, sei es im Bezug auf das „böse Auge“, Fieber oder andere Krankheiten. Denn Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān tat dies auch und verwies dabei auf den Ĥadīth des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken.
Zweitens: In diesem Ĥadīth wird auf die Vorzüglichkeit von Mūşā (Moses) und seinem Volk hingewiesen, die an ihm glaubten.
Drittens: Hierin ist ein Beweis, dass eine große Anzahl von Anhängern einer Sache, kein Beweis für oder gegen ihre Richtigkeit ist. Dieser Sachverhalt ist wichtig.
Viertens: Hierin wird die Achtsamkeit der Gefährten für Wissensangelegenheiten deutlich und für das Aneignen dieser, als sie miteinander über den Ĥadīth diskutierten, über die sie der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, zuvor in Kenntnis gesetzt hatte. Sie untersuchten diesen Ĥadīth ausgiebig. Der Scheikh hat gesagt: „Hierin ist ein Beweis für die Legitimität des Debattierens in Wissensangelegenheiten.“
Fünftens: In diesem Ĥadīth ist ein Beweis dafür, dass es unliebsam ist, andere um etwas zu fragen. „Es sind jene, die sich weder mit Ruqyā behandeln noch [...] sich kauterisieren.“ Hierin ist erwähnt, dass es verhasst ist, andere Menschen um ein Gefallen zu fragen. Das Fragen anderer um etwas, verringert den Tauĥīd. Und im Verzicht auf das Fragen anderer um etwas, ist eine Vollendung des Tauĥīds und gehört zur Verwirklichung des Tauĥīds.
Sechstens: In diesem Ĥadīth ist ein Beweis, dass Kauterisierung als Heilmethode erlaubt ist, jedoch gleichzeitig auch verhasst. Voraussetzung ist aber, dass derjenige, der solch eine Heilmethode anbietet, über die notwenigen Kompetenzen verfügen muss, wie zum Beispiel, wo genau die Schmerzen herkommen und an welcher Stelle sie durch Kauterisierung behandelt werden können. In diesem Ĥadīth ist auch ein weiter Beweis dafür, dass der böse Blick wahr ist und dass er mit Ruqyā behandelt werden kann. Er wird auch mit dem Waschen behandelt, so wie es der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, beschrieben hat.
Siebtens: Hierin ist ein Beweis für eines der Zeichen des Prophetentums von Muĥammad, möge Allah ihn loben und Heil schenken, als er davon berichtet hat, dass ‘Ukāschah zu den Siebzigtausend gehören wird. ‘Ukāschah starb später dann auch den Märtyrertod für die Sache Allahs.
Achtens: Hierin ist ein Beweis für das Verwenden der Mehrdeutigkeit (Ma’ārīd) in Fällen, wo es nicht erwünscht ist, die Menschen damit zu konfrontieren. Hierin ist auch ein Beweis für seine gute Umgangsform mit seinen Gefährten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Dieses müssen sich die Leute des Wissens und die Rufer zum Islam als Vorbild nehmen in ihrem Umgang mit den Menschen.
Neuntens: Hierin ist auch ein Beweis für das Einfordern des Beweises. Denn auch Şa’īd Ibn Djubair bat Ĥuşşain Ibn ‘Abdur-Raĥmān um den Beweis für seine Handlung, als er um Ruqyā bat. Als er ihm den Beweis dafür vorlegte, lobte er ihn dafür mit den Worten: „Er tat gutes, daran anzuhalten, das er hörte.“
Zehntens: Hierin ist auch ein Beweis für die Kategorisierung dieses Kapitels, nämlich dass wer den Tauĥīd verwirklicht, das Paradies ohne Abrechnung betreten wird. Die Erklärung dafür ist, dass er sowohl den großen als auch den kleinen Schirk unterlässt. Auch unterlässt er die unliebsamen und verhassten Dinge, als Schutzvorkehrung für seine ‘Aqīdah.
[1]Verzeichnet bei Bukhārī (5378), Muşlim (220), at-Tirmidhī (2446) und Aĥmad (1/271)
[3]Verzeichnet bei Muşlim in al-Īmān (220) und Aĥmad (1/271)
[4]Verzeichnet bei Muşlim in aş-Şalām (2188) und at-Tirmidhī in aţ-Ţibb (2062)
[5]Verzeichnet bei Muşlim in aş-Şalām (2188) und at-Tirmidhī in aţ-Ţibb (2062)
[6]Verzeichnet bei Muşlim in al-Īmān (220) und Aĥmad (1/271)
[7]verzeichnet bei Ibn Mādjah in at-Tidjārah (2257)
[11]Eine Handvoll – indem man beide Hände zusammentut und einen Hohlraum bildet
[13]kleine Peitsche mit kurzer Schnur zum Lenken des Reitpferdes; Syn. Reitpeitsche
[15]Anm. der Übersetzers: Bei der Kauterisation oder Kauterisierung wird Gewebe durch den Kauter oder chemische Mittel (Ätzmittel) zerstört. Dadurch kann z. B. eine Blutung gestoppt oder eine gutartige Wucherung entfernt werden. Der Kauter (griech. Verbrenner, Brenneisen) ist ein chirurgisches Instrument zum Kauterisieren, das heute als Elektrokauter in Form einer feinen, durch elektrischen Strom erhitzten Drahtschlinge zum Einsatz kommt. Im Wesentlichen dient der Kauter während einer Operation zur Blutstillung oder zum Schneiden.
[16]Verzeichnet bei Abū Dāwūd 3376
[17]Muşnad Imam Aĥmad, 4/278