Das Reuegebet (Şalāt at-Taubah)

Es gehört zur Barmherzigkeit Allahs, dem Erhabenen, gegenüber dieser Gemeinschaft (Ummah), dass Er ihr die Türe zur Reue (at-Taubah) geöffnet hat. Diese Türe wird solange für eine Person offen bleiben, bis zu dem Zeitpunkt, wenn er am Sterben liegt und seine Seele im Begriff ist, dem Körper zu entweichen und bis zur Kehle hoch kommt oder wenn die Sonne vom Westen aufgeht und somit der Tag des Jüngsten Gerichts eingeläutet wird.

Es gehört auch zur Barmherzigkeit Allahs, dem Erhabenen, gegenüber dieser Gemeinschaft (Ummah), dass Er ihr eine Anbetung (‘Ibādah) erlassen hat, das zu den besten Anbetungen gehört, mit der ein Diener, der gesündigt hat, seinem Herrn um Vergebung anflehen kann und zwar ist es das Reuegebet (Şalāt at-Taubah). Hier nun einige Angelegenheiten, die dieses Gebet betreffen.

Erstens: Die Legitimation dieses Gebets

Alle Leute des Wissens (Ahlu l-‘Ilm) sind sich darüber einig, dass das Reuegebet legitim ist. Abu Dāwūd hat den Ĥadīth (1521) von Abu Bakr, Allahs Wohlgefallen auf ihm, verzeichnet, der gesagt hat: Ich hörte den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagen: „Es gibt keinen Diener, der, wenn er gesündigt hat, er die Gebetswaschung gut verrichtet, dann aufsteht und zwei Rak’ah betet und dann bei Allah um Vergebung bittet, außer dass ihm Allah vergibt. Dann rezitierte er folgenden Vers: "Und diejenigen, die - wenn sie etwas Schändliches getan oder gegen sich gesündigt haben - Allahs gedenken und für ihre Sünden um Vergebung flehen; und wer vergibt die Sünden außer Allah? - und diejenigen, die nicht auf dem beharren, was sie wissentlich taten."[1][2]

Aĥmad hat den Ĥadīth (26998) von Abu d-Dardā`, Allahs Wohlgefallen auf ihm, verzeichnet,  der gesagt hat: Ich hörte den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagen: „Wer den Wudū` macht und es gut macht, dann zwei oder vier Raka’āt betet (einer der Sprecher war unsicher), darin Allah gedenkt und sich besinnt – dann Allah um Vergebung bittet, so wird Er ihm vergeben.“[3]

Zweitens: Der Grund für das Reuegebet

Der Grund für das Reuegebet sind die Sünden des Dieners, die er begonnen hat. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um kleine oder große Sünden handelt. Er muss stets und sofort alle Sünden bereuen. Ihm wird dann auch empfohlen, diese zwei Raka’āt zu beten. Er soll bei seiner Reue eine rechtschaffene Tat verrichten, um damit Allah näher zu kommen. Und die beste Tat, mit der man Allah näher kommen kann, ist das Gebet. Er soll mit dieser Tat Allah um Vergebung bitten mit der Hoffnung, dass Er es annimmt und ihm somit vergibt.

Drittens: Die Zeit für das Reuegebet

Es ist wünschenswert (Mustaĥabb) dieses Gebet dann zu verrichten, wenn der Muslim sich dazu entschlossen hat, seine Sünden zu bereuen (Taubah zu machen). Dabei ist es gleichgültig, ob diese Reue direkt nachdem er gesündigt hat kommt oder viel später. Es ist jedoch verpflichtend, dass der Sünder zur Reue eilt. Doch auch wenn er erst später bereut, wird seine Reue angenommen. Denn die Reue wird stets angenommen, solange nicht gewisse Dinge vorfallen, die die Türe zur Reue verschließen. Diese sind:

  1. Wenn die Seele des Sterbenden zur Kehle steigt. Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Allah nimmt die Reue des Sünders an, bis dieser seinen letzten Atemzug aushaucht.“[4]
  2. Wenn die Sonne vom Westen aufgeht. Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Allah wird die Reue des Bereuenden annehmen, solange die Sonne nicht im Westen aufgegangen ist.“[5]

Es ist legitim, dieses Gebet zu allen Zeiten zu verrichten, auch in den Zeiten, wo das Beten untersagt ist (wie z.B. nach dem Assr-Gebet). Denn dieses Gebet gehört zu den Gebeten, die einen Grund haben. Deshalb wird das Gebet zu dem Zeitpunkt legitim, sobald dieser Grund auftaucht.

Scheich des Islam Ibn Taimiyah hat gesagt: „Die Gebete, die einen Grund haben, sollten nicht verschoben werden auf eine Zeit, wo das Gebet nicht mehr untersagt ist. Denn diese Verzögerung kann dazu führen, dass man dieses Gebet verpasst, wie zum Beispiel die Niederwerfung der Rezitation (Şudjūd at-Tilāwah), das Begrüßungsgebet für die Moschee (Taĥiyat al-Maşdjid), das Gebet bei Sonnenfinsternis (Şalāt al-Kuşūf), das Gebet nach der Waschung, so wie es im Ĥadīth von Bilāl erwähnt wurde und das Gebet um die Eingebung zur richtigen Entscheidung (Şalāt al-Iştichārah), denn hier kann die Sache, für das er dieses Gebet verrichten möchte, verpassen, wenn er dieses Gebet verschiebt. Das gleiche gilt auch für das Reuegebet. Wenn eine Person gesündigt hat, dann sollte er dazu eilen zu bereuen. Es wird ihm empfohlen, zwei Raka’āt zu beten und dann zu bereuen, so wie es im Ĥadīth von Abu Bakr aş-Şiddīq überliefert wurde.“[6]

Viertens: Die Art und Weise des Verrichtens des Reuegebets

Das Reuegebet besteht aus zwei Raka’āt, so wie es im Ĥadīth von Abu Bakr aş-Şiddīq überliefert wurde. Es ist dem Reuenden vorgeschrieben, dass er es alleine betet. Denn sie gehört zu den nichtvorgeschriebenen Gebeten (an-Nawāfil), die nicht in der Gemeinschaft zu entrichten sind. Es wird ihm empfohlen, dass er danach Allah um Vergebung bittet, so wie es im Ĥadīth von Abu Bakr aş-Şiddīq überliefert wurde.

Es ist über den Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, nichts überliefert worden, dass man in diesen zwei Raka’āt etwas bestimmtes aus dem Qur`ān rezitieren soll. Der Betende sollte darin das rezitieren, was er möchte.

Es ist wünschenswert, dass der Reuende nach dem Verrichten dieses Gebetes, sich bemüht und anstrengt, viele rechtschaffene Taten zu verrichten. Denn der erhabene Allah hat gesagt: "Und doch gewähre Ich dem Verzeihung, der bereut und glaubt und das Gute tut und dann der Führung folgt."[7]

Die beste Tat, die ein Reuender tun sollte, ist die Spende. Denn Almosen gehören zu den besonderen Gründen, die Missetaten sühnen. Der erhabene Allah hat gesagt: "Wenn ihr Almosen offenkundig gebt, so ist es angenehm, und wenn ihr sie verbergt und sie den Armen gebt, so ist es besser für euch und sühnt eure Missetaten."[8]

Über Ka’b Ibn Mālik, Allahs Wohlgefallen auf ihm, wird berichtet, dass er, als er bei Allah bereut hat, sagte: „Oh Gesandter Allahs, als Zeichen meiner Reue will ich meinen gesamten Besitz als Şadaqah für Allah und Seinen Gesandten geben.“ Der Gesandte Allahs entgegnete: „Behalte einen Teil deines Besitzes. Das ist besser für dich.“ Daraufhin sagte ich: „Dann behalte ich nur den Beuteanteil, den ich in Khaibar erhalten hatte, für mich.““[9]

Zusammenfassung:

  1. Es ist nachgewiesen, dass der Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, dieses Gebet legitimiert hat.
  2. Die Legitimation tritt ein, sobald ein Muslim seine Sünden bereuen möchte, egal ob es sich dabei um kleine oder große Sünden handelt und obgleich er es sofort bereut oder erst später.
  3. Dieses Gebet kann zu allen Zeiten verrichtet werden, auch in den Zeiten, wo das Gebet nicht erlaubt ist.
  4. Es ist wünschenswert, dass der Reuende nach dem Verrichten dieses Reuegebets einige rechtschaffene Taten vollbringt, mit denen er Allah näher kommt, wie das Spenden und anderen Taten.

Möge Allah unseren Propheten loben und Heil schenken, ihm, seiner ganzen Familie und all seinen Gefährten.

 

 



[1]
Āli-‘Imrān 3:135

[2]Als authentisch (Şaĥīĥ) gestuft von al-Albānī in „Şaĥīĥ Abī Dāwūd“

[3]Die Lektoren bezüglich der Überlieferungskette haben gesagt: „Die Überlieferungskette dieses Ĥadīths ist gut (Ĥaşan).“ Außerdem hat al-Albānī diesen Ĥadīth in „Şilşilat al-Aĥādīth aş-Şaĥīĥah“ (3398) verzeichnet.

[4]Als gut (Ĥaşan) gestuft von al-Albānī in „Şaĥīĥ at-Tirmidhī“ (3537)

[5]Verzeichnet bei Muşlim (2703)

[6]Madjmū‘ al-Fatāwah (23/215)

[7]Taha 20:82

[8]al-Baqarah 2:271

[9]Verzeichnet bei al-Buchārī und Muşlim

Das Empfangen des ’Īds und das sich Vorbereiten auf die Opfergabe

Der erhabene Allah hat im edlen Qur`ān gesagt: "Und rufe unter den Menschen die Pilgerfahrt aus, so werden sie zu dir kommen zu Fuß und auf vielen hageren (Reittieren), die aus jedem tiefen Passweg da herkommen, damit sie (allerlei) Nutzen für sich erfahren und den Namen Allahs an wohlbekannten Tagen über den aussprechen, womit Er sie an den Vierfüßlern unter dem Vieh versorgt hat."[1]

Da der erhabene Allah die Pilger Seines heiligen Hauses mit dieser edlen Anbetung geehrt hat, nämlich der Pilgerfahrt, so hat Er den Muslimen in allen anderen Ländern auch eine Großzügigkeit und Gnade erwiesen, indem Er ihnen ebenfalls eine Reihe von Anbetungen gegeben hat, mit denen sie Ihm näher kommen können. Diese Anbetungen gleichen einigen Anbetungen der Pilger (al-Ĥudjādj) und Besucher (al-’Ummar) des heiligen Hauses Allahs, die dort vor Ort entrichtet werden. Diese Anbetung ist die al-Udĥiyah. Al-Udĥiyah ist ein Opfertier, das am zehnten Tag von Dhu l-Ĥidjah, das heißt am Tage des ’Īd al-Adĥah, geschlachtet wird. Diese Tat wurde dieser islamischen Gemeinschaft (Ummah) erlassen als Andenken an die Gnade Allahs, als Er unseren Vater Işmā’īl, möge Allah ihn loben und Heil schenken, rettete, so wie es uns der edle Qur`ān berichtet hat.

Der erhabene Allah hat gesagt: "Als er alt genug war, um mit ihm zu arbeiten, sagte er: „O mein Sohn, ich sehe im Traum, dass ich dich schlachte. Nun schau, was du dazu meinst?“ Er sagte: „O mein Vater, tu, wie dir befohlen wird; du sollst mich - so Allah will - unter den Geduldigen finden.“ Als sie sich beide (Allahs Willen) ergeben hatten und er ihn mit der Stirn auf den Boden hingelegt hatte, da riefen Wir ihm zu: "O Ibrahim, du hast bereits das Traumgesicht erfüllt." So belohnen Wir die, die Gutes tun. Wahrlich, das ist offenkundig eine schwere Prüfung. Und Wir lösten ihn durch ein großes Schlachttier aus."[2]

Dieses Opfertier dient dieser islamischen Gemeinschaft als Andenken dafür, dass sie auf dieser Welt bleiben durfte, um die Botschaft des Islams zu tragen. Dadurch ist sie zur besten Gemeinschaft geworden, die für die Menschheit auf dieser Erde entstand wurde. Für diese Gnade Allahs muss die muslimische Gemeinschaft ewig dankbar sein und den erhabenen Allah dafür stets lobpreisen. Diese Danksagung kann nur dann in einer Form erbracht werden, die richtig und legitim ist, wenn dabei zwei Voraussetzungen erfüllt werden:

Erstens: Es muss ausschließlich für Allah allein getan werden.

Zweitens: Diese Tat muss in Einklang sein mit der Rechtleitung des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken. Nur dann wird eine Danksagung erreicht, die der erhabene Allah für diese Gemeinschaft erlassen hat und die Seiner Erhabenheit würdig ist.

Wenn wir nun dieses besondere Ritual mit den Pilgern teilen wollen, das sich ja im Schlachten eines Opfertieres (al-Udĥiyah) widerspiegelt, dann ist es auch zwingend erforderlich zu wissen, welche Regeln diesbezüglich zu beachten sind. Denn ein Muslim darf nicht unwissend sein im Hinblick auf eines der Gesetze Allahs, die Er für ihn erlassen hat. Bevor wir uns die Regeln bezüglich dieser Opfergabe ansehen, müssen wir folgendes wissen:

Erstens: Der erhabene Allah hat diese Opfergabe für diese Gemeinschaft erlassen, daran darf nicht gezweifelt werden. Er hat es in Seinem Buch, dem edlen Qur`ān und über die Zunge Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, erlassen. Es herrscht außerdem in dieser Gemeinschaft Einigkeit darüber, dass diese Tat vom erhabenen Allah erlassen wurde, seit dem Tage, als der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, dieses erlassen hat. Dieser Erlass wird bestehen bleiben, solange diese Gemeinschaft auf dieser Erde lebt. Der erhabene Allah hat diesbezüglich gesagt: "Wahrlich, Wir haben dir die Überfülle gegeben. Darum bete zu deinem Herrn und schlachte (Opfertiere)."[3]

Somit ist das Schlachten eines Opfertieres erst nach dem Verrichten des Gebetes gekommen! Diese Reihenfolge hat auch ebenfalls der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, eingehalten. Außerdem lehrte er dies auch seinen Gefährten und somit seiner ganzen Gemeinschaft. So sieht also seine Şunnah aus, die voller Weisheit und Präzision ist. Denn der erhabene Allah hat ja gesagt: "Darum bete zu deinem Herrn und schlachte (Opfertiere)."[4]

Das bedeutet: Bete erst einmal das ’Īdu-l-Adĥah-Gebet und schlachte danach erst dein Opfertier. Somit bleibt dieser Gemeinschaft keine Gelegenheit in ihrer Religion aus, dass nicht detailliert beschrieben wurde. Diese Regeln wurden durch das Buch Allahs und durch die Şunnah Seines Gesandten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, erlassen.

Was die Şunnah anbetrifft, so werden dort viele Aĥādīthe berichtet, die sowohl die verbale als auch die praktische Vorgehensweise erläutern. Eines davon ist der Ĥadīth von Annaş Ibn Mālik, Allahs Wohlgefallen auf ihm, der gesagt hat, dass der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, am Tag des Opferfestes zwei Widder[5] geschlachtet hat, die gemästet und Amlaĥain waren. Al-Amlaĥ bedeutet weiß, das mit schwarzen Flecken vermischt ist. Immer wenn der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, etwas gesagt oder getan hat, lies er die Menschen Zeuge darüber sein, damit sie diese Dinge verbreiten konnten und es somit zum Erlass für seine ganze Gemeinschaft wurde. Deshalb hat der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sein Opfertier auch stets in einem Muşallah (Gebetsplatz) geschlachtet. Hier zeigt sich die Weisheit, die hinter dem Verrichten des Festgebets in einem Muşallah und nicht in der Moschee steckt. Eine Moschee ist nämlich kein Ort, in dem Blut vergossen wird. In einem Muşallah ist dies kein Problem. Somit herrscht unter den Muslimen Einigkeit darüber, dass das Schlachten eines Opfertieres ein Erlass des erhabenen Allahs ist.

Zweitens: Die zweite Sache, die wir unbedingt wissen müssen, ist, dass diese Anbetung, die sich im Schlachten eines Opertieres widerspiegelt, eine Anbetung ist, die mit finanziellen Mitteln vollzogen wird und nicht durch körperliche Anstrengung. Deshalb sollte ein Muslim, der ein Opfertier schlachten möchte, von dem Guten ausgeben, das er erworben hat. Man darf sich nicht auf Gelder stützen, die vermischt sind mit Zinsen oder mit etwas anderem Verbotenem, um damit das Opfertier zu kaufen. Denn der erhabene Allah hat uns befohlen, dass wir von dem Guten ausgeben sollen, das wir erworben haben. Der erhabene Allah hat gesagt: "O ihr, die ihr glaubt, spendet von dem Guten, das ihr erwarbt, und von dem, was Wir für euch aus der Erde hervorkommen lassen, und sucht darunter zum Spenden nicht das Schlechte aus, das ihr selber nicht nähmet, ohne dabei die Augen zuzudrücken […]."[6]

Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat außerdem gesagt: „Allah ist Gut und liebt nur Gutes.“

Ein Muslim sollte sein Opfertier ausschließlich von dem Guten kaufen, das er erworben hat, damit diese Anbetung vom erhabenen Allah auch angenommen wird.

Drittens: Die dritte Angelegenheit lautet, dass das Opfertier nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen wird. Diese Voraussetzungen hat unser Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, gezeigt. Sie wären:

Das Opfertier sollte bereits das erste Lebensjahr überschritten haben. Im arabischen heißt es: al-Muşannah. Das heißt: Das Schaf muss mindestens ein Jahr alt sein oder älter. Die Kuh muss mindestens zwei Jahre und das Kamel mindestens fünf Jahre alt sein. Wenn es jedoch schwer ist, ein Schaf zu schlachten, dass mindestens ein Jahr alt ist, dann darf man auch ein Schaf schlachten, dass das erste Lebensjahr noch nicht überschritten hat (jedoch älter ist als sechs Monate). Im arabischen heißt es: Djadh’ah. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Schlachtet nichts anderes, als ein Tier, das mindestens ein Jahr alt ist, es sei denn, es ist zu schwierig für euch. In diesem Fall könnt ihr auch ein Schaf schlachten, dass Djadh’ah ist.“[7]

Ihr müsst euch also ein Opfertier aussuchen, welches das beste Alter, den besten Körper und das reinste Blut besitzt. Außerdem muss es frei sein von jeglichen Mängeln. Denn der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Es gibt vier, die nicht als Opfer bestimmt sind: ein einäugiges Tier, dessen Fehler unverkennbar ist; ein krankes Tier, dessen Krankheit unverkennbar ist; ein lahmes Tier, dessen Hinken offensichtlich ist, und ein abgemagertes Tier, was kein Mark in seinen Knochen hat.“

Deshalb hat sich der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, auch stets das Widder ausgesucht, das gemästet war, damit es frei von jeglichen Mängeln ist. Er schlachtete zwei weiße Schafböcke mit schwarzen Flecken, die gemästet waren. Deshalb müsst auch ihr euch ein Opfertier aussuchen, das ein reines Erscheinungsbild hat und frei von jeglichen Mängeln ist. Es muss außerdem bereits das erste Lebensjahr überschritten haben. Wenn das schwer ist, dass eins, welches nah am ersten Lebensjahr ist.

Viele Menschen stellen sich die Frage, ob das Schlachten eines Opfertieres lediglich eine Şunnah sei, sodass wenn derjenige, der dazu in der Lage ist, dies aber nicht tut, weder getadelt noch bestraft werden kann, oder ob es doch eine Pflicht ist, sodass wenn es jemand nicht tut, der dazu in der Lage ist, getadelt und bestraft wird. Wenn wir das wissen wollen, dann müssen wir uns die Beweise aus dem Buch Allahs und aus der Şunnah anschauen. Im edlen Qur`ān sagt der erhabene Allah: "Darum bete zu deinem Herrn und schlachte (Opfertiere)."[8]

Der erhabene Allah hat hier mit dem Schlachten eines Opfertieres befohlen. Diese Aufforderung verweist hier ganz klar auf eine Pflicht bzw. auf eine Notwendigkeit, außer wenn ein anderer Textausschnitt kommt, der diese Aufforderung wieder aufhebt. Die Beweise aus den Aĥādīthen deuten jedoch klar darauf hin, dass es eine Pflicht ist. Die Şalaf, also die rechtschaffenen Vorfahren dieser Gemeinschaft, haben niemals auf das Erbringen dieser Opfergabe verzichtet, die sie Allah näher brachte. Ein Beweis dafür ist außerdem auch der Ĥadīth des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, der gesagt hat: „Wer bereits vor dem Gebet geschlachtet hat, der soll es wiederholen.“

In einem anderen Wortlaut heißt es: „Wer bereits vor dem Gebet geschlachtet hat, der soll zusätzlich zu diesem Tier noch ein anderes schlachten.“

Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte außerdem: „Wer (sich im) Wohlstand (be-)findet und nicht opfert, der soll sich bestimmt nicht unserem Gebetsplatz nähern!“[9]

Diese Aĥādīthe zeigen ganz deutlich, dass das Schlachten eines Opfertieres eine Pflicht für jeden Muslim ist, der dazu in der Lage ist und dass derjenige, der dieser Pflicht nicht nachkommt, sündigt und für seine ablehnende Haltung bestraft werden muss. Wäre das Schlachten eines Opfertieres nicht obligatorisch gewesen, dann hätte der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, weder denjenigen gesagt, die vor dem Festgebet geschlachtet haben, sie sollen das Schlachten wiederholen, noch hätte er denjenigen das sich Nähren zum Gebetsplatz verboten, die nicht schlachten wollten, obwohl sie dazu in der Lage wären.

Was die Zeit des Opferns anbetrifft, so beginnt diese nach dem Festgebet. Das Festgebet findet am zehnten Tag vom Monat Dhu l-Ĥidjah statt. Diese Tatsache bekräftigt der bereits vorher erwähnte Ĥadīth. Noch deutlicher ist hier ein anderer Ĥadīth, wo darin steht: „Wer vor dem Festgebet geschlachtet hat, der hat für sich selbst geschlachtet. Und wer nach dem Festgebet geschlachtet hat, der hat sein Opfer richtig dargebracht und nach der Şunnah (Verfahrensweise) der Gesandten verfahren.“[10]

Die Zeit für das Opfern erstreckt sich bis kurz vor Sonnenuntergang des letzten Tages des Taschrīq. Die „Tage des Taschrīq“ sind die drei aufeinander folgenden Tage des Opferfestes. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „An allen Tagen des Taschrīq darf geschlachtet werden.“

Dabei ist es egal, ob es sich um ein Opfertier (al-Udĥiyah) allgemein handelt oder um das Opfertier eines Pilgers (al-Haddiy). Der einzige Unterschied ist, dass der Platz für das Schlachten eines Opfertieres (al-Haddiy) für den Pilger der al-Ĥarām al-Makki ist und für die restlichen Muslime alle anderen Länder sind, die von Muslimen bewohnt werden. Der Muslim sollte außerdem mit seinen eigenen Händen schlachten, denn das gehört zur Şunnah. Wenn er es nicht kann, dann sollte er zumindest dabei sein, wenn derjenige, den er mit dieser Sache beauftragt hat, das Opfertier schlachtet. Denn der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat während der Abschiedspilgerfahrt hundert Kamele geschlachtet. Sechzig davon hat er selbst mit seinen edlen Händen geschlachtet und mit der Schlachtung der restlichen hat er ’Ali, Allahs Wohlgefallen auf ihm, beauftragt.

Derjenige, der das Opfertier geschlachtet hat, darf von diesem Fleisch essen, spenden und einen Teil davon einlagern, so wie er es möchte, ohne dabei eine bestimmte Portionierung festzulegen, weder drei Portionen noch irgendeine andere Aufteilung. Denn der erhabene Allah hat gesagt: "Darum esset davon und speist den Notleidenden, den Bedürftigen."[11]

Der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat gesagt: „Isst, spendet, sorgt vor und lagert davon ein.“[12]

Lieber Muslim, O derjenige der möchte, dass Allah ihm vergibt! Wisse auch, dass es erwünscht ist, am Tag von ’Arafat zu fasten. Das ist der neunte Tag vom Monat Dhu l-Ĥidjah und somit der Vortag des Opferfestes. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, hat auf die Frage nach dem Fasten am Tag von ’Arafat wie folgt geantwortet: „Es tilgt die Verfehlungen im vorherigen und im laufenden Jahr.“[13]

Diese Chance solltest du unter keinen Umständen verpassen. Möge der erhabene Allah uns segnen und uns allen vergeben.

 

 



[1]
al-Ĥadj 22:27f

[2] aş-Şāffāt 37:102ff

[3] al-Kauthar 108:1f

[4] al-Kauthar 108:2

[5] männliches Schaf

[6] al-Baqarah 2:267

[7] Dies überlieferte Muşlim

[8] al-Kauthar 108:2

[9] Überliefert bei Aĥmad und Ibn Mādjah. Scheich al-Albani stuft diesen Ĥadīth in seinem Werk „Şaĥiĥu l-Djami’“ als Şaĥiĥ ein (Nr.6490). Vgl. auch an-Nawawi in „al-Madjmu’“ (8/385) und al-Marĝinani in „al-Hidāyah“ (4/403).

[10] Überliefert bei al-Buchārī

[11] al-Ĥadj 22:28

[12] Überliefert bei Muşlim

[13] Überliefert bei Muşlim

Der aufrichtige Ratschlag (an-Naşīĥah)

Muşlim überlieferte den Ĥadīth von Tamīm ad-Dāri – Allahs Wohlgefallen auf ihm – der gesagt hat: Der Prophet – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte: „Religion ist Naşīĥah.“ Wir fragten: „Wem gegenüber?“ Er sagte: „Gegenüber Allah, Seinem Buch, Seinem Gesandten, den Führern und der breiten Masse der Muslime.“

Dies ist ein sehr bedeutender Ĥadīth. Einige Şalaf haben sogar gesagt, dass dieser Ĥadīth ein Viertel der Religion ausmacht. Das heißt, dieser Ĥadīth gehört zu den vier Ĥadīthen, auf denen diese Religion aufgebaut ist.

An-Naşīĥah bedeutet sprachlich: Aufrichtigkeit (Ichlāş), das Befreien einer Sache von Verunreinigungen bzw. das Beseitigen von Makel. Aus der Sicht der islamischen Rechtslehre (Scharī’ah) umfasst dieses Wort alles. Deshalb ließ sie der Gesandte Allahs die ganze Religion bedecken. Wenn die Naşīĥah verloren geht, geht die ganze Religion verloren.

Die Naşīĥah gegenüber Allah heißt, dass man Ihn allein anbetet, nur Ihn anfleht und das befolgt, was Er gebietet hat und das sein lässt, was Er verboten hat. Die Naşīĥah gegenüber dem Buch Allahs heißt, dass man es auf Beste Art und Weise rezitiert, seine Bedeutungen versteht und auch danach handelt. Die Naşīĥah gegenüber den Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – heißt, dass man ihn liebt, ihm gehorcht und seiner Şunnah folgt. Die Naşīĥah gegenüber den Führern der Muslime umfasst die Naşīĥah gegenüber den Fürsten und den Gelehrten. Die Naşīĥah gegenüber den Fürsten heißt, dass man sie von der Ungerechtigkeit abbringt, die Muslime hinter sie vereint und ihnen beim Verrichten des Guten hilft. Die Naşīĥah gegenüber den Gelehrten heißt, dass man sie achtet, ihr Wissen weiterverbreitet und gut über sie denkt. Die Naşīĥah gegenüber der breiten Masse der Muslime heißt, dass ihnen all das Gute gewünscht wird, was man auch für sich selbst wünscht, dass man sie zu dem leitet, was ihrer Religion und ihren Jenseits Nutzen bringt und dass man sie nicht betrügt.

Der erhabene Allah hat Seine edlen Gesandten geschickt, damit sie ihren Völkern einen aufrichtigen Rat geben. Der erhabene Allah sagte über Nūĥ – möge Allah ihn loben: "Ich überbringe euch die Botschaften meines Herrn und gebe euch aufrichtigen Rat, und ich weiß durch Allah, was ihr nicht wisset." [1] Er sagte über Hūd – möge Allah ihn loben: "[…] und ich bin euch ein aufrichtiger und getreuer Ratgeber." [2] Und Er sagte auch über Şāliĥ – möge Allah ihn loben: "[…] und (ich) bot euch aufrichtigen Rat an; ihr aber liebt die Ratgeber nicht." [3]

Die Naşīĥah ist eine Pflicht eines Muslims einem anderen Muslim gegenüber. Muşlim hat in seinem Şaĥiĥ den Ĥadīth von Abu Hurairah – Allahs Wohlgefallen auf ihm – überliefert, der gesagt hat: Der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat gesagt: „Ein Muslim hat einem anderen Muslim gegenüber sechs Pflichten, das sind: Wenn du ihn triffst, grüße ihn (indem du aş-Şalamu ’Alaikum sagst). Wenn er dich einlädt, sollst du seine Einladung annehmen. Wenn er dich um Rat bittet, rate ihm aufrichtig. Wenn er niest und Allah (mit den Worten „Alĥamdu lillah“) lobt, dann antworte ihm (mit den Worten „Yarĥamuk Allah“). Wenn er krank ist, sollst du ihn besuchen, und wenn er gestorben ist, folge ihm (seinem Begräbniszug).“

Al-Buchari hat den Ĥadīth von Djarir Ibn ’Abdullah – Allahs Wohlgefallen auf ihm – überliefert der gesagt hat, dass er dem Gesandten Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – den Treueschwur leistete, dass er das Gebet verrichtet, die Zakah entrichtet und jedem Muslim aufrichtigen Rat erteilen wird. At-Tabarani hat überliefert, dass eines Tages Djarir einem Mann ein Pferd abgekauft hat. Der Verkäufer sagte: „Das Pferd kostet Dreihundert.“ Djarir sagte daraufhin: „Das Pferd ist aber mehr Wert, als nur Dreihundert.“ Das ging dann eine Weile hin und her, bis Djarir ihm am ende das Pferd für Achthundert abgekauft hat.

Ibn Ĥibbān hat seinerseits überliefert, das immer, wenn Djarir etwas gekauft oder verkauft hat, er seinem Gegenüber sagte: „Wisse, dass das, was wir von dir genommen haben, uns lieber ist als das, was wir dir gegeben haben. Deshalb entscheide selbst.“ Außerdem hat Abu Dawud über Abu Hurairah und at-Tabarani überliefert, dass Anaş – Allahs Wohlgefallen auf ihm – gesagt hat: Der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat gesagt: „Ein Mu`min ist der Spiegel des anderen Mu`min.“ [4]

Das soll heißen, dass ein Mu`min seinem Bruder berät und ihm seine Mängel zeigt, so als würde er sich selbst in einem Spiegel betrachten.

Unsere rechtschaffenen Şalaf – Allahs Wohlgefallen auf sie alle – haben sich stets gegenseitig beraten. Sie haben jedem einen aufrichtigen Ratschlag gegeben, auch wenn der andere vielleicht viel älter, wissender oder mächtiger war. Außerdem warnten sie vor denen, die einen aufrichtigen Ratschlag abgelehnt haben.

Ibn Maş’ūd sagte bezüglich der Erklärung der Bedeutung des Verses,"Und wenn ihm gesagt wird: „Fürchte Allah“, überwältigt ihn sündhafter Stolz." [5] folgendes: „Es ist jener Mann, der, wenn ihm ein Bruder einen aufrichtigen Ratschlag gibt, er wie folgt darauf antwortet: „Kümmere dich und dich selbst“ oder „so einer wie du hat mich nicht zu beratschlagen“.“

Unsere rechtschaffenen Şalaf – Allahs Wohlgefallen auf sie alle – hatten religiöse Haltungen gegenüber Herrscher, die beachtlich und beispiellos waren. Sie haben den Vorwurf der Tadelnden nicht gefürchtet, im Gegenteil. Hier einige ihrer standhaften Haltungen:

  • Muĥammad Ibn Şirīn kam eines Tages zu Ibn Hubairah, dem damaligen Fürsten (Amīr) von al-Başrah. Der Fürst sagte zu Ihm:„Was hast du alles auf dem Wege zu uns gesehen?“ Er antwortete: „Ich sah diese Ungerechtigkeit, die hier überall offenkundig herrscht!“ Der Neffe von Ibn Şirin zwinkerte ihm zu, er solle lieber schweigen. Doch Ibn Şirin sagte zu ihm: „Du wurdest nicht gefragt, ich jedoch schon.“ Als sie dann weggingen, ließ der Fürst Ibn Şirin dreitausend Dinar zukommen. Doch er nahm es nicht an.
  • Şufyān ath-Thauri kam eines Tages zum Kalifen al-Mahdi. Er hat ihm einen aufrichtigen Ratschlag gegeben, wobei seine Worte dabei etwas rau wurden. Ein Minister des Kalifen sagte daraufhin: „So etwas hat der Führer der Gläubigen niemals gesagt.“ Şufyān ath-Thauri antwortete: „Schweig! Pharao ist letztendlich wegen Haman untergegangen.“ Als Şufyān ath-Thauri ging, sagte der Minister zum Kalifen: „Erlaubst du mir, dass ich ihm seinen Hals abschlage?“ Al-Mahdi antwortete: „Schweig! Auf dieser Erde ist niemand geblieben, der es verdient hätte, dass man sich vor ihm schämt, außer dieser Mann.“
  • Imam an-Nawawi – möge Allah mit ihm gnädig sein – hat adh-Dhahir Bebarş stets einen aufrichten Ratschlag gegeben. Adh-Dhahir hat daraufhin eines Tages gesagt: „Ich fürchte mich vor diesem Mann. Jedes Mal, wenn ich ihn sehe, sehe ich einen Löwen vor mir.

 

 

 

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[1] Sure 7, al-A’rāf, Vers 62

[2] Sure 7, al-A’rāf, Vers 68

[3]Sure 7, al-A’rāf, Vers 79

[4] Diesen Ĥadīth hat al-Albani in seinem Şaĥīĥ al-Djām’ (Nr. 6655) als authentisch eingestuft.

[5] Sure 2, al-Baqarah, Vers 206

KAPITEL: Die Gebetswaschung (al-Wudū`) und ihre Regeln

 


KAPITEL: Die Gebetswaschung (al-Wudū`) und ihre Regeln

KAPITEL: Die Absicht und ihre Regeln

 


 

عَنْ أمِيرِ المُؤْمِنِينَ أبي حَفْصِ " عُمَرَ بْنِ الخَطَاب " رَضيَ الله عَنْهُ قَال: سَمِعت رسُول الله صَلّى اللّه عَلَيْهِ وَسَلَّم يَقُول:

"إنَّمَا الأعْمَالُ بَالْنيَاتِ، وَإنَّمَا لِكل امرئ مَا نَوَى، فمَنْ كَانَتْ هِجْرَتهُ إلَى اللّه وَرَسُولِهِ فَهِجْرَتهُ إلَى اللّه وَرَسُولِهِ، وَمَنْ كَانَتْ هِجْرتُهُ لِدُنيا يُصيبُهَا، أو امْرَأة يَنْكِحُهَا فَهِجْرَتُه إلَى مَا هَاجَرَ إليهِ ".

 

Der Führer der Gläubigen Abū Ĥaffş ’Ummar Ibn al-Khattāb – Allahs Wohlgefallen auf ihm – berichtete, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – sagte:

„Wahrlich, die Taten sind nur entsprechend den Absichten, und jedem Menschen steht wahrlich das zu, was er beabsichtigt hat. Wer also seine Auswanderung (Hidjrah) um Allahs und Seines Gesandten willen unternimmt, dessen Auswanderung ist für Allah und Seinen Gesandten; wer aber seine Auswanderung des irdischen Lebens willen unternimmt, es zu erlangen, oder wegen einer Frau, sie zu heiraten, dessen Auswanderung ist für das, um dessentwegen er auswanderte.“

 

Sprachliche Analyse des Ĥadīths

„Wahrlich, die Taten sind nur entsprechend den Absichten.“ Im Arabischen bezweckt das Wort „إنَّمَا“ („innamah“: wahrlich) eine Beschränkung. Hier beschränkt das Wort „innamah“ das Substantiv auf die darauf folgende Eigenschaft, nämlich das Bekräftigen der Bestimmung, dass die Taten nur entsprechend den Absichten sind. Somit kann der Satz auch wie folgt heißen: „Die Taten werden nur  entsprechend den Absichten richtig sein.“

النية“ (an-Niyyah) bedeutet sprachlich: Absicht. In den meisten Überlieferungen wird dieses Wort im Singular verwendet. Al-Bidāwi hat gesagt: „Die Absicht ist ein Ausdruck für die Strömung des Herzens nach einem Ziel, das ihm Nutzen bringt oder Schaden von ihm abwendet.“ In der islamischen Rechtslehre bedeutet dieses Wort: Die Entschlossenheit eine Anbetung zu erbringen, um Allah, dem Erhabenen, damit näher zu kommen.

„Wer also seine Auswanderung […]“ ist ein Beispiel, der die obige Regel bekräftigt und erklärt.

„Wer also seine Auswanderung“ ist ein Satz mit einer Bedingung.

„dessen Auswanderung ist für Allah und Seinen Gesandten“ ist die Antwort auf diese obige Bedingung. Die Bedingung und die Antwort sind vereint, da sie beide folgende Voraussetzung stellen: „Wer also seine Auswanderung um Allahs und Seines Gesandten willen unternimmt – im Bezug auf Absicht und Vorsatz – dessen Auswanderung ist für Allah und Seinen Gesandten – im Bezug auf Lohn und Vergütung –.“

 

Zusammenhängende Bedeutung:

Dies sind ein großartiger Ĥadīth und eines der bedeutendsten Grundsätze des Islams. Dieser Ĥadīth gibt den richtigen Maßstab wieder, mit dem Taten bezüglich Akzeptanz oder Ablehnung und bezüglich der Fülle an Belohnung oder ihrer Dürftigkeit gemessen werden.

Der Prophet – möge Allah ihn loben und Heil schenken – berichtet, dass die Achse aller Taten die Absicht ist. Wenn die Absicht gut ist und die Tat allein um Allahs Angesicht willen verrichtet wird, dann wird diese Tat auch angenommen. Ist die Absicht jedoch eine andere, dann wird diese Tat zurückgewiesen. Denn der erhabene Allah ist der unbedürftigste Teilhaber, als dass Er Sich mit einem anderen Teilhaber etwas teilen müsste. Der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – hat dann am Beispiel der Auswanderung (Hidjrah) diesen bedeutenden Grundsatz erklärt. Wer also aus dem Land des Götzendienstes (Schirk) auswandert, im Trachten nach Allahs Belohnung und aus Sehnsucht nach der Nähe zum Propheten – möge Allah ihn loben und Heil schenken –, um die islamische Rechtslehre (Scharī’ah) zu lernen, so ist seine Auswanderung auf Allahs Weg und Allah wird ihn dafür auch belohnen. Wessen Auswanderung jedoch Zwecks irdischer Dinge war, der wird dafür auch nicht belohnt werden. Und wer für eine Sünde ausgewandert ist, auf ihn wird eine Bestrafung warten.

Die Absicht unterscheidet die Anbetung von der Gewohnheit. Wenn mit der Waschung zum Beispiel das Beseitigen des Zustandes der Unreinheit (al-Djanābah) beabsichtigt wird, so ist diese Tat eine Anbetung. Wenn jedoch damit lediglich das sich reinigen und das sich abkühlen mit Wasser beabsichtigt wurde, dann ist es eine Gewohnheit.

In der islamischen Rechtslehre (Scharī’ah) unterteilt sich die Absicht in zwei Kategorien:

Erstens:           Die Taten werden aufrichtig für Allah verrichtet. Diese ist die ultimative Bedeutung. Über diese Kategorie predigen meistens die Gelehrten des Tauĥīd (Eingottglaube im Islam), der Geschichte (aş-Şiyar) und des Verhaltens (aş-Şulūk).

Zweitens:        Die Differenzierung zwischen den einzelnen Anbetungen. Und hierüber predigen meistens die Gelehrten der islamischen Rechtsnormen (Fiqh).

Dieser Ĥadīth gehört zu den allumfassenden Ĥadīth en, die es erfordern, dass man sich mit ihnen befasst und sie verinnerlicht. Diese wenigen Worten hier reichen nicht aus, um seiner besonderen Bedeutung gerecht zu werden. Auch Imam al-Bukhārī hat seinen Şaĥīĥ mit diesem Ĥadīth begonnen, da dieser jede Sparte des Wissens und somit jedes seiner Kapitel betrifft.

 

Welche Schlussfolgerungen kann man aus diesem Ĥadīth ziehen:

Die Achse aller Taten ist die Absicht. Sie gibt an, ob diese Tat gut ist oder schlecht, vollkommen oder mit Makel, ein Gehorsam oder eine Sünde. Wer mit seiner Tat also ar-Riyā` (Augendienerei) beabsichtigt, der hat gesündigt. Und wer mit dem Djihād zum Beispiel beabsichtigt, das Wort Allahs zu wahren, dessen Belohnung ist vollkommen. Wer aber diese Sache beabsichtigt hat, aber auch die Kriegsbeute, so wird seine Belohnung dementsprechend geringer sein. Und wer allein die Kriegsbeute beabsichtigt hat, der hat zwar nicht gesündigt, wird aber die Belohnung, die ein Mudjāhid normalerweise bekommt, nicht bekommen. Dieser Ĥadīth wurde eingebracht um zu zeigen, dass jede Tat, die dem Anschein nach entweder einer Anbetung gleicht oder einer Sünde, sich darin unterscheidet, welche Absicht dahinter steckt.

Die Absicht ist eine grundlegende Voraussetzung für Taten. Doch darf auch hier in der Besinnung nach der Absicht nicht übertrieben werden, denn dies würde dem Anbeter seine Anbetung verderben. Das sich vornehmen eine Tat zu verrichten ist bereits die Absicht. Somit benötigt es keinerlei weiterer Besinnung oder Bekräftigung.

Der Ort der Absicht ist das Herz. Und das Aussprechen der Absicht ist eine Neuerung im Islam (Bidd’ah).

Es ist erforderlich vor Riyā` und vor dem trachten nach Ruhm und Taten, die allein das Diesseits beabsichtigen und somit die Gottesanbetung zu Nichte machen, zu warnen.

Es ist erforderlich darauf zu achten, dass man sich auch um die Taten kümmert, die das Herz betreffen.

Die Auswanderung aus dem Land des Götzendienstes in ein Land des Islams, gehört zu den Besten Anbetungen, vorausgesetzt jedoch, dies geschieht allein im Trachten nach Allahs Angesicht.

 

Der Nutzen aus diesem Ĥadīth:

Ibn Radjabb hat erwähnt, dass die Taten, die an einen anderen als Allah gerichtet werden, sich in verschiedene Kategorien unterteilen lassen:

„Manchmal ist es der reine Riyā`, sodass man sich mit diesen Taten lediglich bei den Geschöpfen zeigen möchte, um einen diesseitigen Nutzen davon tragen zu können. Dies sollte eigentlich von keinem gläubigen Mu`min kommen. Es besteht kein Zweifel darüber, dass der Riyā` die Taten zu Nichte macht und dass somit diese Person eine Bestrafung Allahs verdient. Manchmal ist jedoch die Tat für Allah da, aber mit Beteiligung des Riya`. Wenn der Riyā` von Anfang an diese Tat begleitet hat, so weisen die authentischen Texte darauf hin, dass dadurch diese Taten nichtig gemacht wurde. Und wenn die ursprüngliche Absicht bei dieser Tat eigentlich allein Allah galt und die Absicht zum Riya` sich erst danach plötzlich eingeschlichen hat, so gibt es hier zwei Fälle: Wenn die Person diese Absicht zum Riya` wieder zurückgewiesen hat, so wird er dieser Person nicht schaden können. Darüber herrscht auch Einigkeit unter den Gelehrten. Unter den Gelehrten herrscht Uneinigkeit darüber, ob der Riyā`, der sich zwar plötzlich eingeschlichen hat, aber dann auch geblieben ist, die Taten nichtig macht oder ob diese hinzugekommen Absicht niemandem schadet, sodass die Person dann für seine ursprüngliche Absicht belohnt wird?“

 

Anmerkung des Übersetzers: Abu Hurairah – Allahs Wohlgefallen auf ihm – hat berichtet, dass der Gesandte Allahs – möge Allah ihn loben und Heil schenken – gesagt hat: „Allah, der Erhabene, sagt: "Ich brauche keinen Teilhaber, und wenn jemand etwas für Mich und jemand anderen außer Mir zugleich tut, dann nehme Ich diese seine Tat nicht an, sondern überlasse sie dem anderen ganz."“ [Verzeichnet im Şaĥīĥ Muşlim]

Anm. des Übersetzers:    Hier handelt es sich um die große rituelle Unreinheit nach Geschlechtsverkehr oder Samenerguss.

Anmerkung des Übersetzers: Riyā` ist die Zuschaustellung von Guttaten und gottesdienstlichen Handlungen mit der Absicht, nicht in erster Linie Allahs Geboten zu folgen, sondern einen guten Eindruck auf die Menschen zu machen. Riyā` heißt auch der kleine Schirk.

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