Darf eine menstruierende Frau den Qur`ān rezitieren?

Frage:

Ich möchte gerne wissen, ob eine Frau während ihrer Periode den Qur`ān rezitieren darf? Djazāk Allāh u Cheiran.

 

Antwort:

Dies ist eines der Themen, bei dem die Gelehrten, möge Allah mit ihnen gnädig sein, unterschiedlicher Meinung sind.

Erestens:        Der Großteil der Gelehrten der Rechtsschulen (Fuqahā`) sagen, dass es für eine Frau verboten (Ĥarām) sei, während ihrer Menstruation den Qur`ān zu rezitieren. Dies gilt solange, bis sie wieder Tāhir (rein) wird. Die einzige Ausnahme, die sie machen, ist im Falle des Dhikr (Gedenken an Allah) und bei den Bittgebeten, die nicht als Tilāwah (Rezitation) betrachtet werden, wie zum Beispiel die Worte: "Bişmillāhi r-Raĥmāni r-Raĥīm" ("Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen") oder "Innā Lillāhi wa innā ilayhi Rādji’ūn" ("Wir gehören Allah, und zu Ihm kehren wir zurück") oder andere Verse aus dem Qur`ān, die im allgemeinen Bittgebete sind.

Sie stützen ihre Aussage für das Verbot einer menstruierenden Frau den Qur`ān zu rezitieren, auf mehrere Argumente. Einige davon sind:

1.         Die Menstruation fällt unter dem Urteil des Djunub-Zustandes (also dem Zustand der Unreinheit nach dem Geschlechtsverkehr), da beide Zustände Ĝuşl (Ganzkörperwaschung) erfordern.

Im Ĥadīth von ’Alī Ibn Abī Tālib, Allahs Wohlgefallen auf ihm, wird berichtet, „dass der Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, ihnen stets den Qur`ān gelehrt hat und dass ihn nichts daran hindern konnte, sie zu lehren, außer wenn jemand sich in einem Zustand der Djanābah (Verunreinigung) befand.“ [verzeichnet bei Abū Dāwūd, 1/281; at-Tirmidhī, 146; an-Nasā`ī, 1/144; Ibn Mādjah, 1/207; Aĥmad, 1/84 und Ibn Chuzaimah, 1/104. At-Tirmidhi sagte: „Dies ist ein Şaĥīĥ Ĥaşan Ĥadīth.“ Al-Ĥāfidh Ibn Ĥadjar sagte: „Die Wahrheit ist, dass es die Art der Ĥaşan Ĥadīth ist, die als Beweismittel verwendet werden können.“].

2.         Der Ĥadīth, den Ibn ’Ummar, Allahs Wohlgefallen auf sie beide, berichtet hat und wo darin der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken,  sagte: „Weder die Frau, die ihre  Menstruation hat noch die Frau, die sich in einem Zustand der Unreinheit (Djanābah) befindet, sollten den Qur`ān rezitieren.“ [verzeichnet bei at-Tirmidhī, 131; Ibn Mādjah, 595; ad-Dāraqutnī (1/117) und al-Bayhaqī, 1/89].

Dies ist jedoch ein Da’īf (schwacher) Ĥadīth, weil er von Işmā’īl Ibn ’Ayyāsch über die Ĥidjāzis berichtet wurde und da seine Berichte über sie schwach sind. Scheich al-Işlām Ibn Taimiyah hat gesagt (21/460): „Dies ist ein schwacher Ĥadīth. Darüber sind sich die Gelehrten des Ĥadīths einig.“ Siehe auch: „Naşb ar-Rāyah“ (1/195) und „at-Talkhīş al-Ĥabīr“ (1/183).

Zweitens:       Andere Gelehrte sagen wiederum - und diese Meinung erscheint uns hier am zutreffendsten - dass es für eine menstruierende Frau zulässig ist, den Qur`ān zu rezitieren. Das ist die Meinung von Mālik und eines der bekannten Meinungen von Aĥmad, die Ibn Taimiyah bevorzugt und die asch-Schaukānī als korrekt erachtet hat. Die Gelehrten haben ihre Ansicht wie folgt belegt:

1.         Prinzipiell gilt, dass alle Dinge erlaubt sind, es sei denn, es gibt Beweise für das Gegenteil. Es gibt jedoch keinen einzigen Beweis, der einer menstruierenden Frau verbieten würde, den Qur`ān zu rezitieren. Scheich al-Islam Ibn Taimiyah sagte: „Es gibt keinen klaren und authentischen Beweistext, der darauf hinweist, dass es für eine menstruierende Frau verboten sei, den Qur`ān zu rezitieren […]. Es ist bekannt, dass Frauen zur Zeit des Gesandten Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, ihre Menstruation hatten, doch hat er ihnen weder verboten, den Qur`ān zu rezitieren noch Allahs zu gedenken (Dhikr) noch Bittgebete (Du’ā`) zu sprechen.“

2.         Der erhabene Allah hat den Muslimen anbefohlen, den Qur`ān zu rezitieren. Dabei lobte Er all jene, die den Qur`ān rezitierten und versprach ihnen eine große Belohnung. Niemand darf von dieser besonderen Güte ausgeschlossen werden, es sei denn, es gibt einen stichhaltigen Beweis (Dalīl), der diese Ausnahme macht. Doch im Falle menstruierender Frauen gibt es keinen eindeutigen Beweis, wie wir ja bereits oben erwähnt hatten.

3.         Der Analogieschluss (Qiyāş), der zwischen einer menstruierenden Frau und derjenigen, die sich in einem Zustand der Djanābah befindet, gezogen wurde, ist ungültig. Denn diejenige, die sich in einem Zustand der Djanābah befindet, hat die Möglichkeit, diese „Barriere“ zu beseitigen, indem sie Ĝuşl macht, anders verhält es sich jedoch bei einer menstruierenden Frau. Die Menstruation einer Frau dauert in der Regel eine längere Zeit, während die Person, die sich in einem Zustand der Djanābah befindet, lediglich den Ĝuşl  vollziehen muss, wenn die Gebetszeit gekommen ist.

4.         Das Verhindern einer menstruierenden Frau aus dem Qur`ān zu rezitieren, nimmt ihr die Möglichkeit, Lohn zu erwerben. Es kann sie auch dazu bringen, das vom Qur`ān zu vergessen, was sie bereits auswendig gelernt hatte. Es kann aber auch sein, dass sie es für die Zwecke des Unterrichts und des Lernens rezitieren muss.

Aus dem Gesagten wird nun klar, dass die Beweise derjenigen, die einer menstruierenden Frau das Rezitieren des Qur`āns erlauben, stärker sind. Wenn eine Frau auf der sicheren Seite sein will, dann sollte sie ihre Rezitation auf die Stellen begrenzen, bei denen sie die Befürchtung hat, sie wieder zu vergessen.

Es ist aber sehr wichtig zu beachten, dass das, worüber wir hier diskutiert haben, sich auf die menstruierende Frau beschränkt, die das rezitiert, was sie auswendig kann. Was jedoch das Lesen aus dem Muşĥaff (dem Buch, worauf der Qur`ān niedergeschrieben wurde) anbetrifft, so gilt hier eine andere Regel.

Die korrekte Sicht der Gelehrten ist, dass es verboten ist, den Muşĥaff anzufassen, wenn man sich in irgendeinen Art des Zustandes der Unreinheit befindet, weil der erhabene Allah gesagt hat: "Das ist wahrlich ein ehrwürdiger Qur`ān in einem wohlverwahrten Buch, das nur diejenigen berühren (dürfen), die vollkommen gereinigt sind." [al-Wāqi’ah 56:77-79]. In einem Brief von ’Amr Ibn Ĥazm, den der Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken, an die Menschen des Jemen schreiben ließ, heißt es: „Niemand sollte den Qur`ān berühren, mit Ausnahme derjenigen, die Tāhir (rein) sind.“ [verzeichnet bei Mālik, 1/199; an-Naşā`ī, 8/57; Ibn Ĥibbān, 793 und al-Bayhaqī, 1/87].

Al-Ĥāfidh Ibn Ĥadjar hat gesagt: „Eine Gruppe von Gelehrten behandelte diesen Ĥadīth als authentisch, weil er so bekannt ist.“ Asch-Schāfi’ī hat gesagte: „Es wurde von ihnen bewiesen, dass es ein Schreiben des Gesandte Allahs, möge Allah ihn loben und Heil schenken, war.“ Ibn ’Abdul-Barr sagte: „Dieser Brief ist bekannt unter den Wissenschaftlern der Şīrah und ist genauso unter den Gelehrten bekannt, so dass es keinen Işnād benötigt. Es ist wie Tawātur-Ĥadīth, weil die Menschen ihn akzeptiert und anerkannt haben.“ Scheich al-Albānī sagte, dass er Şaĥīĥ sei.

Wenn eine menstruierende Frau aus dem Muşĥaff lesen möchte, dann sollte sie ihn mit etwas anderem anfassen, wie mit einem Stück Tuch, das rein ist oder indem sie sich Handschuhe anzieht. Oder sie blättert die Seiten des Muşĥaffs mit einem Stock oder einem Stift oder ähnliches. Auch das Leder, das den Muşĥaff umhüllt, gilt bereits als Muşĥaff und darf deshalb auch nicht berührt werden.

 

Und Allah weiß es am besten.

Welche Weisheit steckt hinter dem Verbot des Fastens für eine menstruierende Frau?

Frage:

Wir möchten wissen, welche Weisheit hinter dem Verbot des Fastens für eine menstruierende Frau steckt, da das Fasten doch nichts mit einer Unreinheit zu tun hat?

 

Antwort:

Gepriesen sei Allah.

Erstens:          Ein Gläubiger hat sich den Befehlen des erhabenen Allahs zu beugen und diese zu akzeptieren, auch wenn er die Weisheit nicht kennen sollte, die hinter diesem Befehl steckt. Für ihn sollte es völlig ausreichend sein, dass der erhabene Allah und Sein Gesandter es befohlen haben. Der erhabene Allah hat gesagt: "Weder für einen gläubigen Mann noch für eine gläubige Frau gibt es, wenn Allah und Sein Gesandter eine Angelegenheit entschieden haben, die Möglichkeit, in ihrer Angelegenheit zu wählen. Und wer sich Allah und Seinem Gesandten widersetzt, der befindet sich ja in deutlichem Irrtum." [al-Aĥzāb 33:36].

Der erhabene Allah sagte auch: "Die Rede der Gläubigen, wenn sie zu Allah und Seinem Gesandten gerufen werden, damit er zwischen ihnen richte, besteht nur darin, dass sie sagen: „Wir hören und gehorchen.“ Das sind diejenigen, denen es wohl ergeht." [an-Nūr 24:51].

Zweitens:        Der Gläubige sollte mit Gewissheit daran glauben, dass der erhabene Allah Allweise ist. Er erlässt nur das, was in Übereinstimmung mit einer weitreichenden Weisheit ist. Er gebietet nur das, was im besten Interesse der Menschen ist und Er verbieten nur das, was dem Menschen Schaden oder Böses bringen könnte. Ibn Kathīr hat es in „al-Bidāyah wa n-Nihāyah“ (6 / 79) auf den Punkt gebracht, als er sagte: „Und dann kam die islamische Rechtslehre des Propheten, möge Allah ihn loben und Heil schenken ,die ja die vollkommenste aller Gesetze ist. Sie hinterließ keine gute Sache, die der Verstand als Gut sieht, was sie nicht geboten hat. Und sie hinterließ keine schlechte Sache, die der Verstand als Schlecht sieht, was sie nicht verboten hat. Er hat nichts geboten, bei dem man im Nachhinein hätte sagen könnte: „Hätte er diese Sache lieber doch nicht geboten.“ Und er hat nichts verboten, bei dem man im Nachhinein hätte sagen könnte: „Hätte er diese Sache lieber doch nicht verboten.““

Wir können die Gründe für einige Gesetze verstehen oder sie können uns auch verborgen bleiben. Es kann sein, dass die Gründe der meisten Gesetze uns verborgen bleiben, es kann aber auch sein, dass uns auch nur ein Teil davon verborgen bleibt.

Drittens:         Es herrscht Einstimmigkeit unter den Gelehrten darüber, dass das Fasten für eine menstruierende Frau verboten ist. Sie muss stattdessen die Tage nachfasten, an denen sie wegen ihrer Menstruation nicht fasten konnte, wenn es sich dabei um das verpflichtende Fasten gehandelt hat, wie das Fasten im Monat Ramadan.

Es herrscht außerdem auch Einstimmigkeit unter den Gelehrten darüber, dass ihr Fasten nicht angenommen wird, falls sie fasten sollte, während sie ihre Menstruation hat.

Es herrscht jedoch Unstimmigkeit bei den Gelehrten darüber, welche Weisheit hinter diesem Verbot steckt. Einige von ihnen sagten: „Die Weisheit dahinter ist uns verborgen geblieben.“

Imām al-Ĥaramain sagte: „Wir wissen nicht, warum ihr Fasten hier ungültig ist, denn Reinheit ist für das Fasten keine Voraussetzung.“ [Madjmū’ – 2/386].

Andere wiederum sagten: Der Grund dafür, warum der erhabene Allah menstruierenden Frauen das Fasten verboten hat, ist aus Gnade ihnen gegenüber. Denn der Blutverlust schwächt sie. Wenn eine Frau nun fastet, während sie ihre Menstruation hat, so wird sie doppelt geschwächt, einmal durch ihre Menstruation und einmal durch ihr Fasten. Das Fasten in diesem Fall wäre eine unzumutbare Belastung für eine Frau und kann sogar schädlich für sie sein.

Scheich al-Işlām Ibn Taimiyah sagte in al Madjmū’ al-Fatāwah (25/234): „Im Hinblick auf die Menstruation sagen wir folgendes: Islam ist in allen Dingen mit Mäßigung gekommen. Das gehen bis zum Äußersten in Angelegenheiten der Anbetung ist eine Art von Ungerechtigkeit, die der Gesetzgeber verboten hat. Im Gegenteil, der Gesetzgeber gebietet uns, im Gottesdienst moderat zu bleiben. Daher sagt uns der Islam, dass wir uns mit dem Fastenbrechen beeilen sollen und dass wir den Şuĥūr verzögern sollen und dass das ständige und ununterbrochene Fasten (al-Wişāl) verboten ist. Der Prophet, möge Allah ihn loben und Heil schenken, sagte: „Das beste und gemäßigte Fasten ist das Fasten von Dāwūd – möge Allah ihm Heil schenken. Er hat stets ein Tag gefastet und ein Tag gegessen und er floh nicht, wenn er auf den Feind traf.“

Die gemäßigte Haltung in der Anbetung ist eines der größten Ziele des Gesetzgebers. Deshalb sagte der erhabene Allah: "O die ihr glaubt, verbietet nicht die guten Dinge, die Allah euch erlaubt hat, und übertretet nicht! Allah liebt nicht die Übertreter." [al-Mā`idah 5:87].

Der erhabene Allah hat das Verbieten von guten Dingen als Übertretung bezeichnet, der im Gegensatz zur Mäßigung steht. Der erhabene Allah sagte auch: "Wegen Ungerechtigkeit derer, die dem Judentum angehören, hatten Wir ihnen gute Dinge verboten, die ihnen erlaubt gewesen waren, und weil sie viel von Allahs Weg abhielten, und (weil sie) Zins nahmen, wo es ihnen doch verboten worden war." [an-Nişā`4:160].

Als sie ungerecht wurden, wurden sie bestraft, indem ihnen die guten Dinge verboten wurden. Im Gegensatz dazu existiert jetzt eine Ummah, die dem mittleren Weg folgt. Ihr wurden die guten Dinge erlaubt und die Schlechten verboten. Da dies der Fall ist, ist einer fastenden Person all das verboten worden, was ihn während seines Fastens stärken und ernähren könnte, wie essen und trinken. Außerdem ist es ihm zugleich verboten worden, aus seinem Körper das auszuscheiden, was ihn stärkt, sodass er dadurch geschwächt wird. Würde man ihm diese Ausscheidung erlauben, dann wäre er ein Verbrecher geworden und jemand, der in seiner Anbetung bis zum Äußersten geht und somit nicht gemäßigt ist […].

Die Dinge, die der Körper ausscheidet unterteilen sich in zwei Arten: Die erste Art ist jene, die unvermeidbar ist und die auch nicht für den Fastenden nachteilig ist. Diese Dinge werden ihm nicht verboten, wie das ablassen von Urin oder der Stuhlgang. Diese Ausscheidungen schädigen den Fastenden nicht und sie können auch nicht vermieden werden, im Gegenteil, sie nützen ihm. Das gleiche gilt auch, wenn eine fastende Person ungewollt erbricht oder einen feuchten Traum hatte. Beides kann sie nicht kontrollieren. Doch wenn eine Person absichtlich erbricht und somit ihre Nahrung mutwillig ausscheidet oder wenn sie masturbiert und sich von Gefühlen der Begierde leiten lässt oder wenn bei einer Frau die Menstruation einsetzt, sodass aus ihr Blut fließt, dann ist hier das Fasten nicht mehr gültig. Eine menstruierende Frau kann zu einem anderen Zeitpunkt ihr Fasten nachholen, wenn ihre Blutung aufgehört hat. Denn dann wird sie wieder zu einer Zeit fasten können, wo ihr Zustand gut ist und sie nicht das Blut verliert, das ihren Körper stärkt. Das Fasten in der Zeit, wo sie ihre Blutung hat würde bedeuten, dass sie körperlich geschwächt ist und zu einem Zeitpunkt fastet, wo es ihr nicht gut geht. Deshalb wurde ihr befohlen, an einem anderen Tag zu fasten.“

Und Allah weiß es am besten.

Muss die Frau die Ganzkörperwaschung (Ĝuşl) vollziehen, nachdem man ihr eine Ultraschallsonde in ihre Geschlechtsöffnung eingeführt hat?

Frage:

Wenn die Ärztin oder die Krankenschwester einer Frau eine Ultraschallsonde in ihre Geschlechtsöffnung einführt, muss sie sich danach waschen? Und wird ihr fasten dadurch gebrochen?

 

Antwort:

Alles Lob gebührt Allah.

Es bedarf hier keiner Waschung. Außerdem wird das Fasten auch nicht dadurch ungültig.

[Fatawah al-Ladjnah ad-Da`imah]

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